Kreativ und unberechenbar,

Ingo Knechtel

das sind wohl zwei Eigenschaften, die es zu bewahren gilt in der neuen Zeit der Algorithmen und Meta-Daten. Was so manche Firma mit den vielen gesammelten und gekauften Daten will, lässt sich leicht erklären: Produkte verkaufen oder die Daten weiterverkaufen. Was NSA oder BND, also letztlich die Regierungen, mit den Daten wollen, lässt sich zwar ziemlich bequem mit Terrorismusabwehr begründen, ist aber angesichts dieser Datenfülle eher unglaubwürdig. Die Analyse sozialer und ökonomischer Prozesse auf deren Grundlage voranzutreiben und bis zur Vorbereitung und Begründung politischer Entscheidungen zu führen, sind Möglichkeiten eines effektiven Datenmanagements. Schon heute wird in amerikanischen Städten durch eine Software, die mit Kriminalfällen der vergangenen Jahre gefüttert wird, berechnet, wo zukünftig Verbrechen am wahrscheinlichsten auftreten. Dort ist dann die Polizei präsent. Gefragt wird dabei nicht nach Ursachen und Zusammenhängen. Wo aber liegen die Grenzen der schönen neuen Datenwelt? Ist eine der Gefahren vielleicht, dass man in dem Bestreben, nützliche Problemlösungen zu finden, nur noch solche Fragen stellt, die die Algorithmen auch beantworten können? Revolutionen wären dabei sehr schwer berechenbar. Ein Zurück gibt es für den einzelnen indes nicht. Neulich las ich in der FAZ, man „müsse daran arbeiten, dass seine Stimme nicht nur abgehört wird, sondern auch gehört“. Das sollte das Bemühen eines jeden sein, egal, ob als Individuum oder gestärkt im Verein. Es geht eben auch darum, sich dieses Einmischens, dieser Form der Mitbestimmung nicht durch freiwillige Abstinenz zu entziehen. Nochmals die FAZ: „Wer seine Interessen für sich behält, wird zum Nichtwähler der digitalen Demokratie.“ Doch damit diese Demokratie nicht zum Algorithmus verkommt, müssen die Gedanken und Träume auch undurchschaubar, unberechenbar bleiben. Die Freiheit zu kreativem Handeln lässt sich nicht in digitale Ketten legen.

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