Von der Einsamkeit Islands zum Krisenalltag in Griechenland

Felix Hawran

Ende Mai fand in den Räumlichkeiten des Kulturbundes Treptow wie jedes Jahr eine einwöchige COMENIUS-Lehrerfortbildung statt, durchgeführt von der Abteilung Medienpädagogik des Kulturrings in Berlin zum Thema „Video und Kommunikation – Medienpädagogik im Unterricht“. Diese Mal wurden Teilnehmer und Referenten in zweierlei Hinsicht vor extreme Tatsachen gestellt: Zum einen standen sich ausschließlich Lehrer aus den äußersten Grenzregionen Europas gegenüber – Island und Schweden im Nordwesten sowie Griechenland und Zypern im Südosten. Dies ließ schon im Voraus mit Spannung erwarten, ob tatsächlich zwei unterschiedliche Mentalitäten zu Tage treten. Zum anderen fiel die Kurswoche genau mit den heftigen Regenfällen zusammen, die schließlich zur Jahrhundertflut in Deutschland führten.

Um Anregungen für die Integration von Fotos, Videos und kritischer Medienbildung in verschiedenen Unterrichtsfächern zu bekommen, arbeiteten die Teilnehmer in Teams jeden Tag an einer anderen Aufgabe, mit steigendem Schwierigkeitsgrad. Als Highlights galten die Produktion einer Fotogeschichte zum Sprichwort „Wenn diese Mauern sprechen könnten“ an der Eastside Gallery sowie die „Geheime Übergabe“, ein Kurzfilm, bei dem ein beliebiger Gegenstand oder ein abstrakter Begriff auf mysteriöse Weise von einer Person zur anderen übergeben wird. Hier entstehen immer wieder kreative Höchstleistungen, von Mafia- oder Spionagegeschichten bis hin zu Eifersuchtsdramen und lustigen Stummfilmen. Auch die Deutsche Kinemathek am Potsdamer Platz beteiligte sich wieder mit einem Tag zum Thema Animationsfilm an dem Kurs. Sehr deutlich wurden die unterschiedlichen Situationen der EU-Länder in Bezug auf verfügbare Technologie und Finanzen im Schulsystem. In Island und Schweden wird sehr großer Wert auf neueste Technologie gelegt, Schüler und Lehrer erhalten regelmäßig Medienfortbildungen, und auch projekt-basiertes Arbeiten gehört für viele Schulen längst zum Alltag. Die enorm hohe Medienkompetenz in den zwei Ländern ist auch ein Beleg dafür, dass Deutschland dringend mehr in Medienpädagogik im Bildungssystem investieren sollte. Im Gegensatz dazu stehen in Griechenland vor allem dramatische Gehaltskürzungen und steigende Arbeitszeiten im Vordergrund. Obwohl viele Lehrer weiterhin den Beamtenstatus behalten, haben sich die Gehälter in wenigen Jahren halbiert, und ein Ende der Kürzungen ist nicht in Sicht. Dazu kommen die enorm anziehenden Lebenskosten und ein Einsatz an verschiedenen Schulen gleichzeitig. Auch in Zypern wurden die Lehrergehälter deutlich gekürzt, und die weitere Entwicklung scheint sehr ungewiss. Trotz aller Ablenkung durch die Krise bleibt nach dem Kurs der sehr positive Eindruck, dass alle Lehrer hochmotiviert sind, neue Unterrichtsmethoden und Medien einzusetzen und sich mit Kollegen in ganz Europa auszutauschen.

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