John Sieg – ein literarischer Exkurs

Evelin Pakosta

Anlässlich des 110. Geburtstages eines Mannes, der bereits mit 39 Jahren im Gestapogefängnis in der Prinz-Albrecht-Straße aus dem Leben schied, weil er seine Mitstreiter nicht verraten wollte, trafen sich Bewohner des Kiezes Frankfurter Allee Süd, unter ihnen die Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch und Mitglieder der VVN-BdA Lichtenberg, zu einer eindrucksvollen und schlichten Feierstunde, nachdem bereits am Vormittag des 3. Februar an den Straßenschildern der John-Sieg-Straße Blumen und Informationsmaterial angebracht wurden.

In dem Programm im Studio Bildende Kunst wurde sich dem Menschen John Sieg genähert, über den Stefan Hermlin 1951 in seinem Buch „Die erste Reihe“ schrieb: „Manche Menschen kämpfen schreibend. Die gleichen Menschen begreifen, dass man manchmal, weil man kämpfen muss, nicht mehr schreiben kann. John Sieg ist der Autor ungeschriebener Bücher, auf die ein Volk wartet, die aber ein anderer nicht schreiben wird.“Ursula Zimmermann trug besinnlich literarische Sentenzen aus diversen Büchern vor, die den Gästen einen Menschen näher brachten, und zwar aus einer etwas anderen Sicht als bisher bekannt. Ergänzt wurde das Programm mit Ausschnitten aus dem Film von 1970 „KLX an PTX – Die rote Kapelle“, wo die ausgewählten Ausschnitte John Sieg und Arved Harnack in ihrem Kampf gegen den Hitlerfaschismus darbrachten. Ein Besucher schilderte dann seine Bekanntschaft mit Sophie Sieg. Sie war in der Zentralverwaltung für Verkehr, später im Ministerium für Verkehrswesen der DDR beschäftigt, zuletzt Leiterin der dortigen Bibliothek.

Es gab dann einen Übergang zum Buch von Alfred Gottwaldt „Eisenbahner gegen Hitler. Widerstand und Verfolgung bei der Reichsbahn 1933-1945“ und die Information, dass John Sieg seit 1937 bei der Deutschen Reichsbahn beschäftigt und u.a. auf dem Bahnhof Lichtenberg tätig war.

Die Ehrungen wurden u.a. am 16.02. vor dem Haus Harnackstr. 10 fortgesetzt zum Gedenken an Mildred Harnack-Fish (* 16. September 1902 in Milwaukee, Wisconsin als Mildred Elizabeth Fish; am 16. Februar 1943 in Berlin-Plötzensee hingerichtet).

An dieser Stelle sei den Mitarbeitern des Studios Bildende Kunst für die Bereitstellung der Räumlichkeiten und Betreuung der Veranstaltung gedankt. Und ein Vorschlag soll diesen Dank begleiten: Im Rahmen Ihrer Serie „Stadttour Lichtenberg“ könnte gemeinsam mit den Kiezbewohnern sowie SchülerInnen der Harnackschule eine Begehung durch das Gebiet der Frankfurter Allee Süd organisiert werden, um zu Bekanntes und Unbekanntes zu den Namensträgern der Straßen im Kiez vor Ort zu vermitteln.

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