Gemeinsam Alter gestalten – ein Projekt in Marzahn Nordwest

Lutz Wunder

Über den demografischen Wandel in unserem Land ist hinlänglich öffentlich geredet und geschrieben worden. Politik und Verwaltung haben auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens viele kluge Gedanken und vor allem Papier produziert. Warum dieses Thema an dieser Stelle dennoch aufgerufen wird, hat ganz pragmatische Gründe.

Im Berliner Stadtteil Marzahn Nordwest haben sich drei Vereine zusammengefunden, um kooperativ im Bereich der Seniorenkulturarbeit auf eine Projektausschreibung des dortigen Quartierbüros zu reagieren – die Vereine „Vision“ (ein russlanddeutscher Verein), „Reistrommel“ (ein vietnamesischer Verein) und der Kulturring in Berlin e.V.. Sie wollen damit auf eine Situation eingehen, die sich – kurz beschrieben – wie folgt darstellt:

Es gibt im Stadtteil die verschiedensten Institutionen, die sich mit unterschiedlichen Angeboten im Bereich der Seniorenkulturarbeit engagieren. Trotzdem äußern ältere Bewohner immer wieder kritisch, dass es zu wenig Seniorenangebote im Stadtteil gibt. Ist es ein Problem der Information? Gibt es Hemmnisse, auch mal eine Veranstaltung in einer nicht bekannten Einrichtung zu besuchen? Sind die Angebote nicht attraktiv genug? Woran liegt es?

Um dem Problem auf die Spur zu kommen, haben die drei Vereine ehrenamtlich Engagierte aus dem Stadtteil gesucht und gefunden – benannt als Lotsen, die gewissermaßen die vorhandenen informativen und kulturellen Angebote bei den interessierten Senioren bekannter machen, die Senioren aus den verschiedenen Bevölkerungsgruppen motivieren, sich für die Veranstaltungsofferten zu interessieren und in Gesprächen mit den aktiven Besuchern den Bedarf und die Wünsche zu erfragen. So soll allen Beteiligten im Quartier, den kulturellen Anbietern und den Nutzern geholfen werden, die bestehenden Defizite abzubauen. Die fachliche Beschäftigung mit dem Thema Seniorenkulturarbeit – kurz „Alter und Kultur“ benannt – erbrachte im Zeitraum der Erprobungsphase des Projekts eine ganze Reihe neuer Erkenntnisse für die Beteiligten. Seit Jahrzehnten ist es schon vorbei, im Zusammenhang mit Seniorenkultur nur an Kaffe–Kuchen–Tra-la-la (ein bisschen Singen und Tanzen) zu denken. Heute wird von den unterschiedlichen Bedürfnissen dreier vorhandener Seniorenaltersgruppen gesprochen, wird eine spezifische fachliche Ausbildung für in diesem Bereich Beschäftigte erprobt und auch schon vorgehalten. Es gibt es auch schon lange Erfahrungen mit kulturellen und künstlerischen Aktivitäten von Senioren: das 20jährige Jubiläum des Kölner Altentheaters sei beispielhaft genannt.

Für unser Projekt stellen diese Tendenzen eine grundsätzliche fachliche Herausforderung dar. Wie können wir innovative Ideen von Bürgern und Institutionen zum Leben erwecken und unterstützen, um alle Bevölkerungsgruppen anzusprechen und zur kreativen Tätigkeit anzuregen? Wie kann unsere bereits erreichte Netzwerkstruktur der Boden für ein Miteinander von Ideen und Aktiven werden? Daran wollen wir unser Projekt auch schon in der Startphase messen lassen und hoffen auf viele Interessierte zum Mittun.

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