Das Theaterhaus Berlin-Mitte

Christoff Bleidt

ist seit über 26 Jahren zentraler Produktionsstandort und Kommunikationsplattform für freie darstellende Künstler in Berlin. Mit preisgünstigen Proberäumen in einer angenehmen Arbeitsatmosphäre an einem zentralen, gut erreichbaren Standort, ist das Theaterhaus zum wohl bedeutendsten Arbeitsort für alle Genres der darstellenden Künste in Berlin geworden. Pro Jahr werden dort rund 350 Neuproduktionen und Wiederaufnahmen aller Genres erarbeitet, von denen rund 80 Prozent an Berliner Spielstätten in die Premiere gehen, zum Teil auch in der „WERKSTATTBÜHNE 003“ des Hauses selbst präsentiert werden. Zehn Prozent werden für Spielorte auf der ganzen Welt produziert. Mit fünf Prozent hat der Bereich der Filmproduktionen in den letzten Jahren deutlich zugenommen.

Das Betreiberkonzept basiert auf der stundenweisen Überlassung der 23 Probebühnen im Haus an der Wallstraße, an 345 Tagen im Jahr von morgens um 9 bis abends um 10 Uhr. Übrigens seit 2003 mit dem gleichen Preis: ab drei Euro pro Stunde.

Basis für dieses Konzept ist die auf Erfahrung und Kenntnis der Produktionsbedingungen beruhende Annahme, dass „freie“ darstellende Künstler vor allem flexibel und kurzfristig buchbare Arbeitsräume brauchen, die auch in Zeiten mit geringen Einkünften bezahlbar sind. Die wenigsten Künstler sind in der Lage, längerfristige Mietverpflichtungen für Arbeitsräume einzugehen, auch wenn sie partiell für geförderte Projekte arbeiten. Die Probebühnen sind keine Luxusräume, aber sie bieten das Wesentliche, was für die Arbeit gebraucht wird. Es gibt Räume mit Tanzboden, mit Klavieren, mit unterschiedlichen Verdunkelungsvorhängen, schwarze, weiße Räume, unterschiedliche Größen sowie die Möglichkeit, technische Ausrüstung bei Bedarf hinzu zu buchen und temporär Kostüme und Requisiten zu lagern. Die technische Ausstattung der Werkstattbühne 003 ist darüber hinaus hochprofessionell.

Das Qualitätsmanagement hat für die Mitarbeiter des Theaterhauses eine sehr entschiedene Priorität. Es möchte den Künstlern, ob sie freiwillig oder unfreiwillig „frei“ sind, eine Verankerung bieten, zumindest eine „temporäre Heimat“. Es gibt viele Künstler*innen, die seit zweieinhalb Jahrzehnten immer wieder im Theaterhaus arbeiten. Mittlerweile dürfte in jedem deutschsprachigen Theaterensemble jemand zu finden sein, der das „Theaterhaus Mitte“ aus seiner eigenen Laufbahn „von innen“ kennt und sich ihm verbunden fühlt. Denn das Theaterhaus ist eben nicht nur „Stundenhotel“, wie eine Veranstaltungsreihe von Künstlern im Theaterhaus seit ein paar Jahren ihren Arbeitsort ironisch thematisiert, sondern ein Ort, an dem Beratung und Unterstützung geleistet, Professionalisierung gefördert, Dialog und Vernetzung ermöglicht und nicht zuletzt eine umfangreiche Dokumentation der Produktivität darstellender Künstler in Berlin geleistet wird.

Schwerpunkte für weitergehende Kooperationen bildeten in den vergangenen Jahren Projekte mit interkulturellem Hintergrund und Diversitätsaspekten, Theater im öffentlichen Raum sowie Projekte von Berufsanfängern. Zudem entwickelt und fördert das Theaterhaus seit über zehn Jahren die künstlerische Zusammenarbeit mit internationalen Partnern. Dadurch wurde es nicht nur im Ausland als Ort interkultureller Begegnung bekannt, sondern auch eine wichtige Anlaufstelle für Gäste aus aller Welt.
Gegründet wurde das Haus 1992 als „Theaterprobenhaus“ in der Rosenthaler Straße durch das Bezirksamt Berlin-Mitte. Ziel war die Förderung freischaffender Theatermacher durch ein Angebot kostengünstiger Proberäume. Nach mehreren Zwischenstationen, in einem Umspannwerk der BEWAG und im Gebäude einer ehemaligen Grundschule aus der Gründerzeit am Koppenplatz, befindet sich das Theaterhaus seit 2009 in der Wallstraße. Betrieben wird es seitdem durch die Kulturinitiative Förderband gGmbH. Gefördert wird der Betrieb durch den Senator für Kultur und Europa.

Seit Februar engagiert sich Wissam Al Jabr, ein 21-jähriger junger Mann aus Syrien, im Rahmen des vom Kulturring organisierten Bundesfreiwilligendienstes im Haus. Er unterstützt das Team im Empfang, im Büro und betreut diverse Veranstaltungen. Er möchte in dieser Zeit nicht nur die Arbeit des Theaterhauses näher kennen lernen, sondern seine schon guten Deutschkenntnisse perfektionieren, um sich auf ein Ingenieur-Studium vorzubereiten. Dafür wünschen wir ihm viel Erfolg!

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