Mensch, wo bist Du,

Ingo Knechtel

frage ich mich, wenn ich vom Foltern in CIA-Gefängnissen, unter ärztlicher Beobachtung, lese. Und davon, dass die Täter und Rädelsführer ungestraft davon kommen. Auch denke ich, ich bin im falschen Film, wenn ich im Vorfeld einer Kunstausstellung zum Verfassungsjubiläum in Berlin von deren Kuratoren höre, die DDR sei ein „ästhetischer Zoo ohne jede Resonanz“ gewesen. Und dann höre ich sie einfach mal behaupten: „Die DDR spielt für die Entwicklung der Kunst eigentlich keine Rolle“, sie wird „als hässlicher Regentropfen der Geschichte verdunsten“. CIA-Folter, DDR-Kunst - was hat beides miteinander zu tun? Eine Frage sollte da zumindest gestattet sein: Wo leben denn die Menschen, die so mit anderen umgehen, was treibt sie zu solchen Taten oder hasserfüllten Reden? Sind sie nicht unter uns? Sind wir nicht alle dem einen oder anderen schon mal begegnet? Wo ist eigentlich deren (Mit-)Menschlichkeit, wo der Respekt vor menschlicher Würde und Leistung? Warum erniedrigen sie andere, woher kommt diese Arroganz ihrer eigenen Macht und vermeintlichen Perfektion? Oder ist alles nur eine Maske, hinter der sich vielleicht Einsamkeit, Kälte oder Unsicherheit verbergen? Jeder Mensch ist einmalig, sein Leben unwiederbringlich. Dieses Leben, die damit verbundenen Leistungen, verdienen Respekt. Mit seinem Handeln wird der Mensch zum Gestalter dieser Welt, tritt an, sie zu verändern. Dabei ist er nicht Gott und hat kein Recht, so zu tun, als sei er der Entscheider. Er ist fehlbar. Aber ganz zurecht muss er sich fragen lassen, ob er es versucht hat, einen Beitrag zu leisten und womit er Destruktivem entgegen tritt, ja auch wie er sich gegen Unrecht wehrt. Denn auf jeden einzelnen kommt es an, auf sein Tätigsein, sein Einmischen. Und letztlich muss sich jeder die Frage gefallen lassen: Mensch, wo bist Du?

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