Frei sein

Ingo Knechtel

ist nicht nur für jeden einzelnen eine grundlegende Lebensmaxime, es stellt auch für Vereine eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit dar. Freier Träger in einer freien Kulturszene zu sein, ist auch eine Bedingung für den Anspruch, im Interesse der Allgemeinheit aktiv zu werden. Es heißt aber auch, sich der damit einhergehenden Verantwortung bewusst zu sein und ihr gerecht zu werden. Umso mehr freut jeden Verein, wenn von Bürgern ein Dank für geleistete Arbeit öffentlich gemacht wird, wie dies mit einem Leserbrief in der Marzahn-Hellersdorfer Bürgerzeitung jot w.d. gerade geschehen ist. Familie Pohl aus Marzahn freute sich über die vielen sehr guten und preiswerten Angebote der Vereine wie Babel e.V., Ball e.V., dem „Kiek in“ oder dem „Tschechow-Theater“ des Kulturrings, um hier nur einige aufzuzählen. Damit das so sein kann, werden Vereine auch von der öffentlichen Hand finanziell unterstützt. Die Mittel sollen zwar 2018 ansteigen, meint Kultursenator Lederer, doch die 100.000 EUR Förderung für das von der Agrarbörse Deutschland Ost e.V. betriebene Kulturgut Marzahn ist da schon eine Ausnahme, die aber bei weitem nicht reicht. Andere Vereine müssen mit weit weniger Förderung auskommen. Deshalb sollten sich die freien Träger auch die Freiheit nehmen nachzufragen, wie es zum Beispiel sein kann, dass für das Betreiben von Schloss Biesdorf trotz in Förderanträgen festgeschriebenen rund 260.000 EUR dann schließlich durch Bezirksstadträtin Witt mit Billigung der BVV knapp 500.000 EUR für 2017 bewilligt wurden, davon statt 42.000 EUR für die Galerieleitung die stolze Summe von 94.000 EUR jährlich, wie jetzt in besagter jot.w.d. in einem Leitartikel unter der Überschrift „Generalversagen - Inkompetenz und G’schaftelhuberei ließen die Galerie im Schloss Biesdorf scheitern“ enthüllt wurde. Die freien Träger erwarten nun eine Aufklärung des Versagens und Konsequenzen. Einen Kulturbeirat, der hier mitreden könnte, gibt es im Bezirk nicht mehr. Der arbeitete lange Jahre erfolgreich unter der anerkannten Leitung der Künstlerin Barbara Kellerbauer, wurde im vorigen Jahr aber von Stadträtin Witt abgeschafft. Umso wichtiger ist es hier, die öffentliche Kontrolle, auch durch die Vertreter in der BVV, durch die Bürger und die Medien zu verstärken. Alle freien, gemeinnützigen Träger in Berlin brauchen weniger Versprechungen, dafür aber mehr öffentliche Hilfe, denn ihr Wirken ist mit sehr viel Ehrenamt und bürgerschaftlichem Engagement verbunden. Und deshalb erwarten sie wirksame Unterstützung, denn nur dann können sie auch in ihren Angeboten und ihrer Arbeit frei sein.

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