Tägliche Herausforderungen und beglückende Momente

Johanna Renger

8:30 Uhr an einem Dienstagmorgen. Die Bundesfreiwillige Carola Lüdtke sortiert Programmhefte, fegt noch schnell den Boden und stellt die Aufsteller vor der Eingangstür auf, die auf die heutige Kindertheatervorstellung hinweisen. Noch eine Stunde, spätestens dann strömen 100 Kitakinder mit ihren Erzieher*innen ins Foyer des Weiten Theaters in Berlin-Lichtenberg, um eine Puppentheaterinszenierung zu sehen. Sobald die ersten Besucher da sind, ist Carola Lüdtke Ansprechperson für alle möglichen Belange: Wo ist die Toilette? Wie lange dauert das Stück? Wo kann ich meine Jacke aufhängen?

Fast täglich werden im Weiten Theater Stücke für Kinder und am Wochenende für Familien gezeigt. Ohne die Hilfe von Bundesfreiwilligen könnte der Betrieb nicht so problemlos laufen. Carola Lüdtke behält immer alles im Blick, bleibt ruhig beim Einlass, beantwortet geduldig alle Fragen und sorgt für gute Stimmung. Viele Vorstellungen sind ausverkauft und so muss sie im Trubel, zwischen Stimmengewirr und Telefonläuten, die Ruhe und Übersicht behalten.

Seit mittlerweile 25 Jahren steht Das Weite Theater an der Parkaue in Berlin Lichtenberg für professionelles Puppen- und Schauspiel auf höchstem Niveau und hat sich nicht nur in der Berliner Theaterlandschaft einen ausgezeichneten Ruf erarbeitet. Das Theater ist im Puppenspiel zu Hause, aber nicht darauf festgelegt: Das Spektrum ist “WEIT“ – entscheidend ist, mit welchen Mitteln sich eine Geschichte transportieren lässt. In jeder Spielzeit werden in der Spielstätte an der Parkaue neue Inszenierungen auf die Bühne gebracht. Zusätzlich bereichert wird der Spielplan durch Gastspiele sowohl freier Gruppen und Theater aus der Berliner Kulturszene, wie auch des Partnertheaters ‚Theater des Lachens’ aus Frankfurt/Oder. Zeitgleich zeigt das Ensemble des WEITEN THEATERs seine Stücke auf zahlreichen Bühnen in ganz Deutschland.

Im Hintergrund der Puppenspieler sorgt ein kleines Team dafür, dass möglichst alles reibungslos läuft. Denn so leicht und anmutig die Theaterkunst daherkommt – sie macht eine Menge Arbeit. Die Bundesfreiwillige Carola Lüdtke ist immer mit dabei und inzwischen unverzichtbar. Seien es kleine Handgriffe, nötige Telefonate oder die Verteilung von Programmheften in Bibliotheken, sie ist allzeit bereit. Belohnt wird man in so einem kleinen Betrieb durch den lebendigen Kontakt mit dem Publikum und den Künstlern. Und natürlich kann man sich alle Inszenierungen, die laufen, auch anschauen und sich eine ganz eigene Meinung über diese spezielle Theaterform bilden. Denn Puppentheater ist nicht gleich Puppentheater. Manche Stücke arbeiten mit Schattenspiel, wie „Das kleine Ich bin ich“, eine Inszenierung, die seit über 20 Jahren erfolgreich läuft. In der Inszenierung „Aschenputtel“ spielt das Material Papier eine besondere Rolle, und bei „DER WEISSE HAMMER“ sind die Puppen nur über der Spielleiste zu sehen. So hat jede Inszenierung ihren speziellen Charakter, und das Publikum muss beim Staunen und zum Teil beim Unglauben darüber begleitet werden, dass Puppenspiel nicht gleich herkömmliches Kasperletheater bedeuten muss…
Besonders spannend wird es für Carola Lüdtke im Juli, denn da nähert sich eine Premiere, die für alle ganz besonders und neu ist: Das Weite Theater wagt sich nach draußen und wird am 6. und 7. Juli bei Einbruch der Dämmerung im Stadtpark Lichtenberg die Inszenierung „La Luna“ zeigen. Ohne Sprache, mit Großpuppen und Stummfilmfiguren spürt diese Open Air Theater-Inszenierung der Magie des Mondes und der Stummfilmära nach. Sie versammelt deutsche und polnische Puppenspieler von drei Theatern, Regie führt Alexei Leliavski aus Minsk. Aber auch dieser Herausforderung inmitten eines deutsch-polnisch-englischen Sprachgemischs und außerhalb des gewohnten Theaterraumes wird Carola Lüdtke gewachsen sein.

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