Der Kreis schließt sich

Uwe Lauterkorn

Als wir im Frühjahr 2016 das Projekt „Kunst im öffentlichen Raum Tempelhof-Schöneberg“, gefördert mit fünf FAV-Stellen, starteten, ahnten wir nicht, was für eine Sisyphosarbeit das Team leisten und welche Kreise es ziehen würde. Unter dem Titel „Berlin bröckelt“ stellten wir das Projekt in den KulturNews 12/2016 vor. Unsere Erhebungen über die Kunstwerke und deren Zustand sollten, so war es von Anfang an geplant, unter anderem den Museen Tempelhof-Schöneberg zur Verfügung gestellt werden. Sie wollen mit unseren Daten ihre Archive ergänzen, denn die vorhandenen Listen des Landesdenkmalamtes sind unvollständig und seit vielen Jahren veraltet. Im Jahr darauf berichteten wir unter dem Titel Denkmal-Detektive in den KulturNews 9/2017 unter anderem über die Anfrage einer französischen Historikerin, der wir aktuelles Material zu Kriegsdenkmälern in Tempelhof-Schöneberg zusammenstellten und für ihre Forschungsarbeit übergaben. Dieses Interesse an unserer Erhebung bedeutete eine willkommene Aufwertung unserer Tätigkeit.

Heute, zwei Jahre nach dem Start des Projektes, freuen wir uns darüber, dass es verlängert wurde und neue MitarbeiterInnen dafür eingestellt werden konnten. Im März 2019 wird ein Anschlussprojekt, das Denkmäler und Gedenktafeln katalogisiert, starten. Im Frühjahr dieses Jahres trat wiederum eine Stelle fragend an uns heran. Das Straßen- und Grünflächenamt Tempelhof-Schöneberg hochselbst hatte sich die Aufgabe gestellt, eine neue, umfassende Übersicht zu Kunst, Denkmälern, Gedenktafeln und Brunnen im öffentlichen Raum zu erstellen. Eine mühsame, doch überfällige Aufgabe, die viele Jahre in den Berliner Bezirken liegen geblieben ist. Der Amtsleiter, Werner Foemer, packte sie nach eigenem Bekunden deshalb an, weil es verschiedene Anfragen gegeben hatte und man nicht jede zufriedenstellend beantworten konnte. Viele Unterlagen befinden sich nicht im direkten Zugriff des Amtes, und oftmals sind die Zuständigkeiten nicht eindeutig geklärt. Besonderes Augenmerk richtet das Straßen- und Grünflächenamt auf die Verkehrssicherheit und möchte sich einen genauen Überblick darüber verschaffen, wo Handlungsbedarf besteht, und welche Stellen zuständig sind. Was dem Laien nicht bekannt ist: es macht einen großen Unterschied, ob eine Plastik auf öffentlichem Straßenland oder einer Grünfläche steht, wem sie geschenkt wurde und welche Vereinbarungen getroffen wurden. Für die Verwaltung stellt die sachgerechte und kultursensible Pflege der Kunst und ihres Umfeldes im öffentlichen Raum eine schwierige Aufgabe dar. Die Haushalte der Bezirke sehen nicht ausreichend Mittel dafür vor, notwendige Stellen sind nicht genug vorhanden, und nach vielen Jahren der stiefmütterlichen Behandlung der Kunst im öffentlichen Raum des Landes Berlin ist die Übersicht über die Werke, deren Zustand und die Zuständigkeiten zu einem großen Teil verloren gegangen. Mit der neuen Erhebung möchte das Straßen- und Grünflächenamt Tempelhof-Schöneberg auch andere Bezirke dazu ermutigen, tätig zu werden. Wir besprachen mit dem Amtsleiter und den zuständigen Mitarbeiterinnen eine mögliche Zusammenarbeit, und in den Wochen darauf bereiteten wir unsere Daten so auf, dass sie für das Amt eindeutig gekennzeichnet und leicht zugänglich sind. Für uns bedeutet auch diese Kooperation eine unerwartete Anerkennung der Arbeit, die auf diese Weise produktiv genutzt wird.

Auch dem Schöneberg-Museum haben wir unsere Erhebung als leicht zu bedienendes digitales Ordnersystem (ca. 8 Gigabyte) übergeben. Das Museum schloss darüber einen Kooperationsvertrag mit dem Kulturring in Berlin e. V. ab und kann nun alle Texte und Bilder in seine Archive übernehmen und für Publikationen nutzen. Mit diesem Kooperationsvertrag ist das Projekt aber keineswegs abgeschlossen. Einige Orte und Kunstwerke werden immer noch entdeckt und kommen hinzu, außerdem verfeinern, aktualisieren und digitalisieren wir den Datenbestand laufend weiter. Der nächste große Schritt wird die Veröffentlichung der Übersicht über Kunst im öffentlichen Raum Tempelhof-Schöneberg auf Wikipedia sein. Für Karlshorst, Pankow und Spandau existieren bereits Einträge dieser Art. Sie sind von großem Nutzen, denn mit der Suchmaschine Google erscheinen sie meist an erster Stelle, wenn man nach einem Künstler, einem Titel und/oder einem Ort sucht. Mit dem Eintrag in die globale Internet-Enzyklopädie wird sich der Kreis schließen.

Die sechs Stelen wurden anlässlich des 26. Todesjahres des Bildhauers 1994 an diesem Ort aufgestellt und sind eine Schenkung der Witwe Dierkes. Ursprünglich hatte sie der Künstler im Jahr 1965 aus Holz für sein Tiroler Ferienhaus geschaffen. Die Erben entschieden sich für die neue Ausführung in Eisenguss. Paul Dierkes (1907-1968) war ab 1948 Professor an der Berliner Hochschule für Bildende Künste und schuf zahlreiche Plastiken und Skulpturen für den öffentlichen Raum in Berlin und anderen Städten. Für mehrere Jahre waren die Stelen, deren Standsicherheit nicht mehr gewährleistet war, von einem Bauzaun umgeben und Gegenstand von Bürgeranfragen und Zeitungsartikeln. Ihr Standort wurde im Wege der Verkehrssicherung durch das Straßen- und Grünflächenamt im Frühjahr 2018 saniert. Nun „strahlen“ sie wieder und erfreuen Anwohner und Flaneure.
(Quellen: Wikipedia, Berliner Woche, Tagesspiegel)

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