Heute bin ich auf dem Weg zu einem Treffen mit dem Team vom Medienpoint Tempelhof. Es ist das vierte Interview, das ich im Rahmen des Jubiläumsprojektes TOUR 30 gleich führen werde. Schon von weitem fällt mir ein Schaukasten auf. Darin hängt ein großes, liebevoll gestaltetes Plakat mit der Präsentation einer berühmten Persönlichkeit: kein Geringerer als Isaac Newton wird mit Bildern und einem kurzen informativen Text vorgestellt. Das Schaufenster ist ganz im Zeichen der nahenden Oscar-Preisverleihung dekoriert. Der Besucher erfährt zum Beispiel, dass Katherine Hepburn, Woody Allen und Frances McDermond mit jeweils vier Oscars bislang die meisten Auszeichnungen als Einzelpersonen erhalten haben. Wer der zur Zeit älteste Preisträger (Christopher Plummer) und wer jüngster (Shirley Temple) ist, wird ebenfalls geklärt. Die ganze Außenpräsentation mit Tischen und Bücherkisten sowie die Schaufensterdekoration laden zum Eintritt.
Ich trete also ein. Es schauen mich sechs freundliche Menschen an. Ich stelle mich vor, und es braucht gar nicht lange, bis wir uns in einem informativen Gespräch wiederfinden. Was mir gleich auffällt: Hier wird viel gelacht und geredet. Die aktuelle Belegschaft scheint guter Dinge zu sein. In jedem Fall ist sie sehr kreativ. Hier sind Menschen mit Gestaltungswillen unterwegs, insgesamt zehn in zwei Schichten. Sehr viele Bücher, Schallplatten, CDs und DVDs fein geordnet in schicken Regalen. Und wie in jedem der Medienpoints des Kulturring: alles gratis. Für mich fand sich sogleich eine Single von Adriano Celentano von 1968 (Buonasera Signorina). Den jüngeren Lesern sei gesagt, dass eine Single das gleiche ist wie eine Langspielplatte: schwarz, rund, aber kleiner und tatsächlich auf beiden Seiten (!) abspielbar mit einem Plattenspieler. Die Cover sind meistens schön anzuschauen. Das Sortiment kann sich meines Erachtens also sehen lassen. Das haben wohl auch viele Kunden schon mitbekommen. Das Team erzählt mir, dass so zwischen dreißig und fünfzig Leute täglich vorbeischauen, viele davon langjährige Stammkunden. Auch Kinder sind dabei, denn Schulen, Kitas und die UFA-Fabrik sind gleich um die Ecke und die Kinderbuchabteilung lockt.
Das Konzept der Medienpoints hat zwei Komponenten. Zum Einen die bereits erwähnte kostenlose Abgabe von Kulturgütern (klingt heutzutage fast etwas verstaubt, aber ja: Bücher sind immer noch Kulturgüter). Zum Anderen sind die Medienpoints immer auch Orte der Begegnung, des sozialen Miteinanders. Ein Plausch ist jederzeit möglich. Ohne irgendwelche Vorbedingungen darf jeder etwas Mitnehmen. Ich finde, das ist die Art Kiezarbeit, die ruhig ein wenig mehr Anerkennung verdient hätte! (Siehe meinen Text über die Fotogalerie in Friedrichshain. Auch da habe ich im Rahmen der TOUR 30 über den Medienpoint neben der Fotogalerie berichtet). Apropos Kiez: Einmal in der Woche wird der ständige Auslagentisch im Foyer des Rathaus Tempelhof von Mitarbeitern des Medienpoints neu mit Büchern bestückt. Und meistens ist dieser Tisch schnell leergeräumt.
Den Medienpoint Tempelhof gibt es seit dem Juli 2006 und ein Jahr lang war er am Schulenburgring 5 beheimatet, ab Juli 2007 in der Kunigundenstraße 1 und ab Juli 2011 dann in der Werderstraße 13, dem heutigen Standort. Zum Abschluss unseres Gespräches wage ich eine Frage nach den Zukunftsaussichten. Wichtig ist allen, mit denen ich gesprochen habe, dass die Kontinuität nach so vielen Jahren auch weiterhin bestehen bleibt. Sprich: der Laden muss unbedingt weiter bestehen! Und eine neue Kreativaufgabe ist auch schon angedacht: Textrecherche und Gestaltung für die nächste Schaufensterdeko. Thema diesmal: der anstehende Geburtstag des Sprachwissenschaftlers und Märchensammlers Wilhem Carl Grimm.
Wo wir schon bei Märchen sind: Alle wünschen sich eine rosa Zukunft. Wer möchte sich dem nicht anschließen?
Bis zum nächsten Interview im Rahmen der TOUR 30!