Kunst öffnet die Augen - 40 Jahre Farbcollegium

Dagmar Steinborn

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte – oh ja, wenn es professionell gemacht ist! Doch um solche Wirkung zu erzielen, muss man ein gutes Gespür für Farben, Formen und Proportionen haben - das erreicht man durch Erfahrung. Collagen sind zusammengesetzte Bilder. Erstmals wurden solche Klebebilder von den Künstlern des Kubismus in den Jahren um 1910 gefertigt. Sie bestanden aus miteinander arrangierten Papierteilen oder anderen geeigneten Materialien. Auch die Berliner DADA-Bewegung nutzte diese Technik für ihre provokanten Werke, besonders Raul Hausmann und Hannah Hoech wurden mit Collage-Werken berühmt, aber auch Pablo Picasso hatte einen erheblichen Anteil daran. Faszinierend dabei ist, dass es kaum ein Material gibt, welches sich nicht zur Verarbeitung eignet. So entstehen unkonventionelle Bildelemente, zusammengefügt zu einem großen Ganzen. Die Bandbreite der Bilddarstellung ist dabei frei wählbar. Hier bietet das Experimentelle des freien Gestaltens den Vorteil, mit den einzelnen Teilen so lange Varianten zu kreieren, bis ein gewünschtes Ergebnis vorliegt. Dieses wird dann mittels Klebe-, Näh- oder aufwendiger Sticktechnik fixiert. 1984 war es, als im Berliner „Haus des Lehrers“ Rosemarie Bender-Rasmus von der Interessengemeinschaft Kunst die Idee zur Gründung des „Farbcollegiums“ hatte. Gedacht war die Reihe als Weiterbildung für Pädagoginnen und Pädagogen, die für ihren Kunstunterricht neue kreative Impulse suchten oder sich von eingefahrenen Wegen befreien wollten. Schnell fanden sich zahlreiche interessierte Frauen und einige Männer. „Unser künstlerischer Leiter Hans-Helmut Müller hatte ein ausgezeichnetes und sich bestens bewährtes künstlerisches Konzept vor Augen. Er wollte uns mit der Kunstform der Collage eine Möglichkeit in die Hand geben, bildschöpferisch tätig zu sein, ohne durch irgendwelche alteingefahrenen Dogmen und ungeeigneten Vorbildern eingeengt zu sein. Er hat unsere Sinne für die Kriterien geschärft, auf die es bei einer bildnerisch wirksamen und ästhetisch notwendigen Gestaltung von Collagen und Bildern ankommt: Kunst öffnet die Augen“, schreibt Georg Rieger in „20 Jahre Farbcollegium 1984 – 2004“.

Mit großem Eifer wurden Papiere gesammelt, ausgewählt, ausgeschnitten, aneinandergelegt, wieder verworfen - bis es harmonisch aussah. Mit viel Freude und tollen Ideen machten sich die Beteiligten ans Werk. Alle 14 Tage traf sich die Interessengruppe Gleichgesinnter, die sich auch Jahre später nicht vorstellen konnte, je wieder aufzuhören, miteinander kreativ zu sein. 1988 wurden sie sogar mit dem Titel „Hervorragendes Volkskunstkollektiv“ ausgezeichnet.

Nun begeht das „Farbcollegium“ im Frühjahr 2024 sein 40. Bestehen! Auch wenn vier Jahrzehnte seit der Gründung vergangen sind, es gibt die kreative Gemeinschaft noch immer und die Freude am Gestalten der Papiercollagen ist ungebrochen! Vieles hat sich verändert, Menschen sind dazu gekommen – andere sind gestorben, Verhältnisse haben sich geändert. Doch die Treffen des „Farbcollegiums“ finden nach wie vor alle 14 Tage statt. „Von Anfang an wurden alle Aktivitäten wohl überlegt, diskutiert, organisiert, abgestimmt und sorgfältig dokumentiert. Alle, die einmal dazu gehörten, haben künstlerisch profitiert. Es haben sich enge Freundschaften gebildet, man erinnert sich gern an die Höhepunkte, an Ausstellungen, wunderschöne Sommerfeste, Reisen oder andere Aktivitäten. Die jährlichen Pleinairs waren schnell zur Tradition geworden. Dabei wurden die Ergebnisse der bildnerischen Arbeit jedes Mal von unseren Arbeiten übertroffen! Die Erlebnisse sind unvergessen. Das zwanglose Beisammensein mit dem gemeinsamen Arbeitsziel hat uns künstlerisch und persönlich nähergebracht.“

Seit vielen Jahren treffen sich die Mitglieder des Farbcollegiums im Kotti e. V., dem Nachbarschafts- und Gemeinwesenverein in der Oranienstraße 34, in 10999 Berlin. Hier haben sie ideale Bedingungen für ihre Treffen, können kreativ sein und sich austauschen. Auch in zahlreichen Ausstellungen hatten sie ihre Werke präsentieren dürfen. Deshalb freuen sie sich nun darauf, aus Anlaß des 40. Bestehens ihres Farbcollegiums in der 2. Hälfte des Jahres 2024 eine neue Ausstellung präsentieren zu können. Wir sind gespannt auf die Werke der Künstlerinnen und Künstler und wünschen dem Farbcollegium weiterhin für seine Arbeit viel Erfolg!

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