Galerie und Werkstatt für künstlerische Graphik in der Villa Skupin in Lichtenberg
Kennengelernt habe ich die Villa schon vor meiner Zeit beim Kulturring. Wenn ich mich an meinen ersten Eindruck erinnere, so war ich nicht sehr begeistert von dem Haus: zu dunkel, zu alt, unsaniert, zu versteckt inmitten der Plattenbauten. Ich hätte mir nicht träumen lassen, hier einmal zu arbeiten. Aber so kam es, ich bewarb mich beim damaligen Kulturring-Chef Ingo Knechtel, und er willigte ein, dass ich bei der Betreuung der Arbeitsfördermaßnahmen in Lichtenberg half. 2005 war das Jahr, in dem die Ein-Euro-Jobs ins Leben gerufen wurden, und in Lichtenberg begann schon bald eine Maßnahme mit fünfzig Teilnehmern, der Wahnsinn! Aber wir packten an und fanden für alle eine interessante Einsatzstelle in Schulen, Kitas oder auch beim Kulturring-Projekt Pony Pedro, das im Tierpark eine Kunst-Werkstatt betrieb. Einige neue Mitarbeiter gewannen wir natürlich auch für das Studio Bildende Kunst, wo nun auch mein Schreibtisch stand. Das Haus wurde mir mit der Zeit zunehmend vertraut. Besonders abends zu den Ausstellungseröffnungen, wenn die Bilder angestrahlt wurden und die Gäste ins Haus kamen, verströmte es eine ganz eigene angenehme Atmosphäre.
Der Kulturring war erst ein Jahr zuvor, im Frühsommer 2004, in die Villa gezogen. Es gab eine Interessenbekundung im Bezirk, an der er sich beteiligte und den Zuschlag erhielt. Die Druckgrafik-Galerie sollte aus kommunaler in freie Trägerschaft wechseln. Wenn sich kein Träger gefunden hätte, wäre das Haus wohl geschlossen worden, in den Bestand des Immobilienfonds des Landes Berlin gewechselt und hätte damit zum Verkauf gestanden. Das Studio Bildende Kunst gäbe es dann vermutlich heute nicht mehr, was wirklich schade wäre, denn es blickt auf eine reiche Tradition und Geschichte zurück.
Zur spannenden Historie des Hauses empfehle ich, die Webseite des Studios www.sbk.kulturring.berlin zu besuchen. Nur so viel: Der Fleischermeister (wie bei der GISELA, aus „Fleisch wird Kunst“!) Paul Skupin erwarb etwa 1924 das Grundstück und ließ eine Fleischwaren- & Konservenfabrik errichten. Auch ein repräsentatives Wohnhaus wurde 1926 für die Familie gebaut – die Villa Skupin. Beide Gebäude blieben im Krieg unversehrt. Die Fabrik wurde ab November 1945 als Großküche für Schülerspeisung und Schweinemästerei weitergeführt. Ab Oktober 1958 gelangten Fabrik und Grundstück in den Besitz des VEB Fleisch- und Fettverarbeitung Berlin-Weißensee. Ab Anfang der 1970er Jahre wurde der Kiez um die Villa komplett umgestaltet. Neubauten wurden hochgezogen und vieles wurde dafür abgerissen. Ein kleines Wunder, die Villa blieb stehen.
Anlässlich des Jubiläums 85 Jahre Villa Skupin lud das Kulturring-Team am 9. Oktober 2010 zum Tag der offenen Tür ein. Da wurde neben kulturellen Highlights Wissenswertes aus der Geschichte des Hauses geboten. Die Gäste erhielten aus berufenem Munde, durch Nachkommen des Bauherrn der Villa Paul Skupin, Auskünfte zur Geschichte des Hauses. Die Enkelin von Herrn Skupin erklärte den Gästen die frühere Nutzung der heutigen Galerie-Räume als Schlaf-, Kinderzimmer und Salon und erzählte auch, dass die Schweine im Stall ab und zu durch ihr Quieken die Andacht in der nahestehenden Kirche St. Mauritius störten. Die Familie freute sich sehr, das Elternhaus wiederzusehen und bedankte sich dafür, dass wir die Geschichte der Villa in Ehren halten und das Haus als kulturellen Ort weiterführen.