„vidumath“: Wenn Zahlen sich in bewegte Bilder verwandeln

Armin Hottmann

Was hat denn Mathematik mit dem Kulturring zu tun? Und vor allem mit Medienpädagogik? Vielleicht fragen sich das manche KulturNews-Freunde. Seit über 20 Jahren gibt es medienpädagogische Bildungsprojekte beim Kulturring, aber Mathematik gab es bisher noch nicht als Thema. Dabei ist es ja nicht abwegig, auch hier Medienbildung zu integrieren. Wir definieren für uns Medienpädagogik fächerübergreifend, also nicht nur im Deutschunterricht. Auch in den Berliner Lehrplänen kann man das inzwischen so finden.

Mathematik wird oft als das „schwierige“ Schulfach angesehen, die internationalen TIMSS- und Pisa-Studien vom letzten Herbst haben das wieder bestätigt. Genau an diesem Punkt begann bei uns die erste Diskussion – ob nicht ein Videomatheprojekt manche Schüler mehr motivieren könnte, sich mit mathematischen Inhalten auseinanderzusetzen. Oft werden Inhalte nur mit Schulbuch und wenig Anschauungsmaterial präsentiert. Hier sehen wir Video als modernes und für junge Menschen zugängliches Medium als hilfreiche Ergänzung.

Wie kann man sich ein „vidumath“-Projekt vorstellen? „vidumath“ beschäftigt sich mit der visuellen Aufarbeitung von Mathematik in der Altersstufe 9 bis 12 Jahre mit einfachen Videogestaltungsmitteln. Ein typisches „vidumath“-Projekt erstreckt sich über vier Unterrichtseinheiten:

• Einführungsphase: was wird gemacht?

• Planungsphase in Gruppen: welchen Inhalt wollen wir darstellen und wie?

• Durchführungsphase: Aufnahme und Nachbearbeitung

• Präsentationsphase: Vorstellung in der Klasse und Reflexion

Ältere Schüler können die Projekte auch nach der Schule fertigstellen. Dies unterstützt selbstständiges Lernen und hilft Lehrern, die wenig Zeit für Projektarbeiten im Unterricht freigeben möchten.

Ziel der Projekte ist kein professionelles Videoprodukt, sondern der Prozess, der die Mathematik unterstützt. Deshalb gab es bis jetzt vor allem kurze „Stop-Motion“-Videos (einfache Legetrickanimationen, die entweder direkt mit einer App auf einem Tablet produziert oder eine große Abfolge von Fotos ausweisen, die im Videoprogramm zusammengebaut werden). Über einhundert solcher Videoanimationen wurden vor allem bei unseren Erasmus-Partnern in Bulgarien und Norwegen produziert. Bei den Themen selbst dreht es sich vor allem um Brüche, Gleichungen und Symmetrieaufgaben. Auf unseren Internetseiten kann man viele Videobeispiele dazu finden.Bei der Auswertung der ersten Projektphase konzentrierten sich unsere Matheprofessoren vor allem um den Inhalt und die Didaktik. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Planungsphase besonders wichtig ist, um sicher zu gehen, dass die Matheinhalte passen. Sogenannte Storyboards (Planungsskizzen) können hilfreich sein, damit die Kinder die geplanten Videos vorab visualisieren. Für uns als Medienpädagogen ist wichtig, dass einfache technische Konzepte angeboten und unsere bestehenden Praktiken wie Teamarbeit und Auswertung integriert werden. Und dass solche Projekte in diesem Sinne nicht nur die Mathe- sondern auch die Medienkompetenzen der Kinder stärken.

„vidumath“ wird sicherlich nicht die Bildungswelt revolutionieren, trotzdem hoffen wir, dass möglichst viele Pädagogen über die Ideen informiert und zum Mitmachen motiviert werden. Wie bei unseren früheren Projekten nutzen wir dabei vor allem die Online-Netzwerke für die Verbreitung und freuen uns, dass die Videos schon über zehntausend Mal gesehen wurden. Erste Erkenntnisse konnten wir außerdem bei internationalen Treffen in Bielefeld, Sofia und Trondheim vorstellen. Ein besonderer Höhepunkt war die Lehrerkonferenz in Sofia im Sommer 2016. Rund 50 KollegInnen aus Bildung und lokaler Politik kamen zusammen, um von „vidumath“ zu hören, aber auch selbst Hand anzulegen und die Ideen mit der Kamera auszuprobieren. Für das zweite und letzte Projektjahr möchten wir die Ergebnisse mehr verbreiten und ein Handbuch in allen Projektsprachen herstellen. Alle Projektergebnisse sind lizenzierte, offene Ressourcen.

Das „vidumath“-Team besteht aus den Matheexperten Jörn Loviscach (FH Bielefeld), Oliver Thiel (DMMH Trondheim / Norwegen) und Piedade Vaz Rebelo (Universität Coimbra / Portugal) mit Unterstützung von der Schulleiterin Nelly Kostova aus Sofia / Bulgarien und dem Promoter Joel Josephson aus London / UK. Das Projekt wird von Armin Hottmann vom Kulturring koordiniert. „Mathematik ist abstrakt – Video hilft, die mathematischen Konzepte zu visualisieren und verständlicher zu machen.“ (Oliver Thiel). Wir wünschen uns, dass wir dazu einen guten Beitrag leisten können.

Weiteres gibt es online: www.vidumath.eu

Kontakt: armin.hottmann@mediaeducation.net

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