Von Trolls und social Bots,

Ingo Knechtel

davon zu erzählen klingt wie einen Ausflug nach Norwegen zu unternehmen, um diese mythischen Wesen, halb Unhold, halb Zwerg, in jedem Fall Fabelwesen zu treffen. Doch diese Produkte der Phantasie-Welt, die Trolle, haben inzwischen eine zweite Bedeutung, diesmal in der realen Welt, erlangt. Bots sind die Ergänzung dazu. Beide treiben sich in den sozialen Netzwerken herum, ja man kann schon sagen, treiben dort ihr Unwesen. Sicher kennen die meisten von Ihnen die Maßeinheit „Likes“, wenn es um positive Bewertungen im Internet geht. Und wir wissen, da werden nicht nur Produkte bewertet. Vielleicht haben auch Sie schon eine tolle Ausstellung oder ein Angebot mit dem nach oben weisenden Daumen versehen. Viele „Likes“ heißt viel Beachtung, heißt Umsatz, heißt Fördergelder, heißt Erfolg! Leider ist es nicht so einfach, denn diese „Likes“ kann man kaufen. Und da kommen u.a. die Bots ins Spiel, das Wort kommt von „Roboter“. Für ca. 12 Cent sorgt ein automatisches Computerprogramm, ein Skript, dafür, dass Ihr Angebot ein „Like“ erhält, man kann sich ausrechnen, wie hoch (oder eher gering) der Einsatz sein muss, um in die Tausende zu kommen. Wenn Sie jetzt sagen, hier wird aber manipuliert, dann haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen. Und die Trolle übernehmen dabei auch ihre Rolle. Sie sind Menschen aus Fleisch und Blut, erzeugen am Fließband die in Auftrag gegebenen Meinungen als Beiträge im Internet, die auf emotionale Provokationen anderer Teilnehmer abzielen. Schöne neue Welt, Phantasie-Welt könnte man meinen und sich schmunzelnd zurücklehnen! Doch Vorsicht, hier entstehen automatisch Netzwerke, die uns vorgaukeln, dass „echte Menschen“ so wie „du und ich“ sich äußern. Aber all das dient ausschließlich der Beeinflussung unserer Meinung, ob zu kommerziellen oder zu politischen Zwecken. Dass diese keine Märchen sind, sondern knallharte, gefährliche Manipulationen, zeigen uns überraschende Wahlergebnisse genauso wie merkwürdige Verkaufserfolge. Natürlich liegt es an uns, diese Angriffe auf ein selbstbestimmtes Leben und auf unser Demokratieverständnis zu enttarnen, zu durchschauen und unser Handeln entsprechend auszurichten. Denn spricht der Sänger Tim Bendzko nicht auch für uns, wenn er formuliert: „Ich will mein Leben selbst gestalten/Muss es wenigstens probier‘n/Ich brauch die Kontrolle zurück/Kann nicht mehr nur funktionier’n/Ich bin doch keine Maschine/Ich bin ein Mensch aus Fleisch und Blut/.../Mit alle meinen Fehlern/Meiner Wut und der Euphorie/Keine Maschine/Ich leb‘ von Luft und Fantasie.

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