Wenn Kunst sich öffentlich macht
Ein Interview mit Street Artist Sébastien Nayener alias Seboh Creation

Interviewerin: Martina Pfeiffer
Berlin – schroff und voller Kontraste. Ein glücklicher Ort für die Street Art? Französische Künstler wie Thierry Noir und Christophe Bouchet hat es schon in den 80er Jahren nach Berlin gezogen, wo sie dann 1984 mit dem Bemalen und Besprühen der Berliner Mauer begannen. Wir freuen uns sehr, für die Eröffnung des neuen Kulturring-Projekts "Begegnungen Wort-Wörtlich – Gesprächsfreude grenzenlos" mit Sébastien Nayener einen renommierten französischen Street Artist gewonnen zu haben. Sébastien ist in der Franche-Comté, im Nordosten Frankreichs, geboren. Seit 2019 in Berlin lebend, schätzt er insbesondere die Bezirke Pankow, Lichtenberg und Weißensee.
Sébastien, Sie hätten ja auch New York als Geburtsstadt der Straßenkunst zu Ihrem Lebensmittelpunkt machen können. Ihre Wahl fiel aber auf Berlin. Seit 2019 leben Sie hier an der Spree. Wieso ist speziell die deutsche Hauptstadt für Sie und Ihre Kunst attraktiv?
S. N.: Berlin ist sicherlich die Stadt in Europa, in der die Kunst und auch die Street Art am meisten gefeiert wird. Ob an den Wänden oder im Inneren der Gebäude, Kunst ist in vielen Formen präsent. Für mich als Street Artist ist das eine echte Inspirationsquelle, die meine Kreativität ständig fordert.
Gibt es Schauplätze in Berlin, die Sie aufgrund ihrer besonderen Geschichte anziehen? Sind das diejenigen Orte, die sich für Ihre ästhetische Produktivität eignen?
S. N.: Es gibt einige Orte, die aufgrund ihrer Geschichte einen besonderen Platz in der Street Art-Szene haben: Ich denke direkt an den Teufelsberg, der in Berlin und ganz Europa einzigartig ist. Er ist eine echte Galerie unter freiem Himmel. Viele große Namen der Street Art haben dort schon gemalt und ich hatte das Glück, dort ein Wandgemälde zu gestalten. Ich denke auch an meine jüngste Erfahrung im Yaam. Dank der Freundlichkeit des Urban Artist-Teams hatte ich das Privileg, einen Teil der ursprünglichen Berliner Mauer zu bemalen. Für einen Street Artist ist das ein schönes Geschenk des Lebens. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit auch bei den Menschen bedanken, die es mir ermöglicht haben, mich an diesen mythischen Orten auszudrücken, und ich lade alle Liebhaber der Street Art ein, eine Tour durch Berlin zu machen und diese einzigartigen Orte zu besuchen.
In Ihrem künstlerischen Lebenslauf finde ich mehrfach das Wort "Urbex". Was hat es damit auf sich?
S. N.: Unbedingt möchte ich die verlassenen Orte, sogenannte "Urbex", erwähnen. Sie sind Teil meiner künstlerischen Entwicklung – wahre Übungsplätze, auf denen man Techniken ausprobieren und entwickeln kann. Außerdem ist es aufgrund ihres Charmes und ihrer besonderen Atmosphäre ein echtes Vergnügen, dort zu malen und diesen vergessenen Orten ein zweites Leben zu geben.
Einige in der Sprayer-Szene begreifen ihre Kunst als urbane Intervention. Wie passt das zu der Entwicklung, dass die Strömungen der einstigen Subkultur mittlerweile zunehmend vom Kommerz einverleibt werden?
S. N.: Es ist ein Phänomen, das in unserer Gesellschaft immer häufiger auftritt, da große Unternehmen die kleineren aufkaufen. Die Kunst ist da keine Ausnahme. Solange es für beide Seiten fair abläuft und alle gewinnen, habe ich nichts dagegen.
Zumeist bleiben Urban Artists bei dem Stil, mit dem sie bekannt geworden sind, der sie unverwechselbar macht – auch in den Augen der Fangemeinde. Und Sie?
S. N.: Ich halte mich ebenfalls an diese Richtlinie. Das ist eines der wichtigsten Dinge in der Street Art oder in der Kunst im Allgemeinen: seinen eigenen Stil zu haben. Das ist etwas, was ich an diesem Medium so reizvoll finde: dass man seine Einzigartigkeit in einer Gesellschaft ausdrücken kann. Jedes Mal, wenn ich etwas kreiere, ziele ich in diese Richtung, indem ich eine einzigartige und leicht erkennbare Arbeit anbiete. Da ich mit der Popkultur der 80er und 90er Jahre aufgewachsen bin, ist mein Grafikstil stark davon geprägt. Die Farbenpracht und die schwarzen Konturen sind charakteristisch für meine Kreationen. Außerdem bin ich von bestimmten Aspekten der Spiritualität angeregt, die ich in meine künstlerischen Kompositionen einfließen lasse, um ihnen Tiefe und Bedeutung zu verleihen.
Sehen Sie sich in einer Traditionslinie? Gibt es Einflüsse von einzelnen KünstlerInnen, die Sie im Hinblick auf Ihr stilistisches Arsenal veranschlagen?
S. N.: In meiner Kunst setze ich auf Kontraste, was sich oft in meiner Farbwahl zeigt, und es wird Sie nicht überraschen, wenn meine Antwort auf Ihre Frage ebenfalls kontrastreich ausfällt. Ich liebe die Werke von Meistern wie Hokusai oder Da Vinci und kann mich sehr gut von meinen Zeitgenossen wie Spoare153 oder Hopare inspirieren lassen.
Von Banksy weiß man, dass einer der Gründe, anonym zu bleiben darin besteht, dass er von den Kunsterlebenden als Anonymus direkte, ehrliche Rückmeldungen bekommen will. Wie ist das bei Ihnen? Streben Sie Anonymität bewusst an?
S. N.: Da ich von Natur aus diskret und zurückhaltend bin, ziehe ich es vor, meine Kreationen für mich sprechen zu lassen. Wenn man sich die Zeit nimmt, sie zu analysieren, spiegeln sie perfekt das wider, was in mir vorgeht.
Sie sind unter dem Signum Seboh Creation bekannt. Verraten Sie uns, was dahinter steckt?
S. N.: Seboh ist ein Spitzname, den mir meine Freunde gaben, als wir als Kinder zusammen Fußball spielten. Außerdem ist es eine Art Wortspiel im Französischen: Seboh klingt wie: "C'est beau", was übersetzt heißt: "Es ist schön".
Sébastien, herzlichen Dank für dieses Interview im Rahmen von "Begegnungen Wort-Wörtlich – Gesprächsfreude grenzenlos". Für Ihre weiteren Projekte alles Gute und viel Erfolg!
"VitArte" Sébastien Nayener alias Seboh Creation:
Wettbewerb 2022 - More Art less litter - 3. Platz, Berlin, DE 2021 - Pabst Beer Blue Ribbon 2021 - Space Jam Movie 2020 - Jul Cover Concept
Zusammenarbeit 2022 - Laeti, Berlin 2021 - Daft Punk Tribute w. Hoya, Berlin 2021 - Young Souls w. Mate Artist, Berlin 2020 - Alice in Wonderland w. Sten9540, Berlin 2020 - Gabriel Arilla, Berlin Presse 2022 - Street art et urbex , Clara Le Divenach, Lepetitjournal.com 2021 - Sur les Murs, TV5Monde, avec Richard Orlinski, tv5mondeplus.com 2021 - Podcast Berlin de Toi, Berlindetoi.com 2021 - Kunstfabrick HB55 : rencontre avec Seboh Creation, Guillaume Tardé, Lepetitjournal.com 2020 - I make sacrifices for this mural. I have already lost too much time, Elodie Souslikoff, Mémoirepleine.com
Ausstellung 2022 - The Mystery of Banksy, Hamburg. DE 2022 - The Mystery of Banksy, Erfurt, DE 2021 - The Mystery of Banksy, Linz, AUT 2021 - Sneakers Generation, Galerie Sakura, Paris, FR 2021 - Lange Nacht der Bilder, Berlin, DE 2021 - Haus der Statistik, Berlin, DE 2021 - Subaertmarkt, Berlin, DE 2020 - Art House Rising, Berlin, DE 2020 - Festival Confinement, Projet Saato 2020 - Alternative Tour Berlin, Berlin, DE 2019 - Art3F, Brussels, BEL 2019 - Art Base Festival, Neustreliz, DE 2019 - Yard5Festival, Berlin, DE 2019 - Teufelsberg, Berlin, DE 2018 - Jurassian Amateur Artist, Delemont, CH 2017 - Tony Baugrand, Porrentruy, CH
Street-Art Berlin Alexander Platz Haus der Statistik HB55 Kunstfabrik Lost places - Urbex Mauerpark Revier Südost Teufelsberg Stadt Park Lichtenberg Alexander Platz Haus der Statistik HB55 Kunstfabrik Lost places - Urbex Mauerpark Revier Südost Teufelsberg Stadt Park Lichtenberg Acryl - Spray
Digitale Kontaktdaten Einzigartig, qualifiziert, personalisiert Talenthouse Bookastreetartist +33 6 77 68 09 83 nayenersebastien@gmail.com H55 Kunstfabrik - Herzbergstr. 55, 10365 Berlin