Lars Scheibner - Tänzer, Choreograph und Regisseur

Dagmar Steinborn

Musik und Bewegung haben Lars Scheibner begeistert seit er denken kann. Deshalb haben ihn seine Eltern schon mit vier Jahren zum Eiskunstlaufen geschickt. An der Kinder- und Jugendsportschule Berlin bereitete er sich auf eine Karriere als Eiskunstläufer vor. Ein hartes Training für einen kleinen Jungen. Aber es hat ihm Spaß gemacht! Der vielseitige Unterricht beinhaltete auch Ballettunterricht. Davon war er besonders angetan. Sowie ein Ballett, egal ob klassisch oder modern, auf dem Spielplan von Staatsoper oder Komischer Oper standen, besuchten seine Eltern mit ihm die Aufführung. Dann, mit elf Jahren, war klar, dass er unbedingt Balletttänzer werden wollte. Selbständig und ohne Wissen seiner Eltern meldete sich Lars auf eine Anzeige in der Pionierzeitung „Trommel“. Vater und Mutter hatten viel Verständnis für die beruflichen Pläne ihres Sohnes und unterstützten ihn immer. So wechselte der talentierte und zielstrebige Junge zur Staatlichen Ballettschule Berlin. Es waren besonders das Kraftvolle, das Sinnliche und das Animalische, das ihn neben der Dynamik und Ästhetik der Bewegungen so begeisterte und es noch immer tut! Seine achtjährige Ausbildung schloss Lars Scheibner 1995 mit dem Titel „Staatlich geprüfter Bühnentänzer“ ab. Da war er gerade einmal 18 Jahre alt. Nun stand ihm die Welt offen!

Sein erstes festes Engagement führte den jungen Tänzer nach Gera an die dortigen Bühnen. Bald profilierte er sich zum Solisten. Zwei Jahre später holte ihn die Komische Oper Berlin als Solisten an das Haus Unter den Linden. Es dauerte nicht lange, dann wurde er als Nachwuchsstar gefeiert. Doch Lars Scheibner interessierte sich nicht ausschließlich für den Tanz, er wollte mehr. Schon während seiner Ausbildung arbeitete er an Choreografien. „Das bedeutet natürlich einen Perspektivwechsel.“ sagt er. Erstes Aufsehen erregte seine Arbeit auf der EXPO 2000, wo er für den Kulturbeitrag des Landes Brandenburg "Prometheus - Fantasia" große Teile der Choreografie entwickelte. 2001 folgte Scheibner dem Ruf des Ballettdirektors und Choreografen Mario Schröder nach Kiel. Für dessen Verkörperung der Titelpartie in "Der Traum des Vincent van Gogh" wurde der Künstler von der Fachzeitschrift "Ballett-Tanz" als profiliertester Nachwuchstänzer des Jahres 2003 nominiert. Es folgten abendfüllende Choreografien für Tanz sowie Choreografien für Oper, Schauspiel und Konzertchor. So brachte Lars Scheibner sowohl als Regisseur als auch als Choreograf „Der versiegelte Engel“ mit der Musik von Rodion Shchedrin auf die Bühne. Für das Ballett in Kiel inszenierte und choreographierte er 2005 "Onager“.

Im Jahr darauf zog Lars Scheibner zurück nach Berlin und machte sich als Tänzer, Choreograf und Regisseur selbstständig. Als gefragter Gastchoreograf arbeitete er im In- und Ausland.

Meist nehmen die Theaterdirektoren Kontakt zu den Künstlern auf, haben Angebote und Vorstellungen für neue Produktionen. Manchmal ist es aber auch Lars Scheibner, der bereits ein fertiges Konzept hat. Die große Bandbreite seines Könnens ermöglicht es ihm, die gewünschte Stilrichtung je nach Thema und Musik choreografisch umzusetzen. Er sagt: „Das Mittel muss passen. Die Verschmelzung der verschiedenen Genres muss stimmen, dann habe ich ein gutes Gefühl.“ Seine zahlreichen Inszenierungen, z. B. „Der kleine Muck“, „Kriemhilds Rache“, „Orpheus in der Unterwelt“, Johannes-Passion“, „Dschungelbuch“, „Tanzepos Nibelungen“ und visuelle Experimente fanden großes Interesse und wurden oftmals ausgezeichnet.

Im Jahr 2010 reiste der Künstler erstmals als Choreograf nach Südamerika. Das waren unvergessliche Eindrücke für ihn. Dort kreierte er „Carmina Burana“ für das Ballet Nacional de Paraguay in Asuncion sowie "Pintando o sete con Portinari" und "Joao Joana" für das soziale Projekt Dançando para não Dançar in den Favelas von Rio de Janeiro. Für das Soundstreams Festival in Toronto schuf Lars Scheibner eine neue Version des "Versiegelten Engels".

„Irgendwann ist für einen Tänzer der Zeitpunkt gekommen, die aktive Tanzkariere zu beenden. 2014 hatte ich die Tingelei satt!“ erzählt der Künstler. Nun strebte er den Aufbau einer eigenen Kompanie an. Als er dann passende Räume für sein Vorhaben im Dorf Marzahn fand, war er begeistert. Nun konnte er endlich seine Vorhaben umsetzen. In seinem „Atelier für Musik und darstellende Kunst“ entwickelt er von nun an seine außergewöhnlichen Konzepte.

Vor zehn Jahren lernte Lars Scheibner den Physiker Dr. Marcus Doering kennen. Seit dem arbeiten beide gemeinsam an der künstlerischen Anwendung der KAISER RESONANT TECHNOLOGY, dem Profisystem für interaktive Erlebniswelten.

Mit der Deutschen Tanzkompanie in Neustrelitz verbindet ihn eine lange und erfolgreiche Zusammenarbeit. Seit 2016 ist Lars Scheibner dort als Künstlerischer Leiter tätig. Am 4. September 2021 fand die Premiere der Theateradaption „Solaris“ nach dem Roman von Stanislav Lem statt. Der Opernchor, die Deutsche Tanzkompanie Neustrelitz und Dr. Dörings interaktive Tanz-Licht-Kunst bringen ein fiktives aber aktuelles Thema auf die Bühne –ein riesen Erfolg!

Lars Scheibner wurde im heutigen St. Petersburg / Russland geboren. Sein deutscher Vater studierte dort. Bald lernte er die russische Buchhändlerin kennen, in die er sich verliebte. Schnell wurden beide ein Paar, heirateten und bekamen 1976 ihren Sohn Lars. Nach Abschluss seines Studiums zog der junge Diplom Ingenieur mit seiner kleinen Familie zurück in die Heimat. Dort wurde die Schwester von Lars geboren. Die Geschwister wuchsen zweisprachig auf, Lars erlernte noch weitere Sprachen. Heute lebt der Künstler mit seiner Frau, der Schauspielerin Lisa Scheibner und dem Söhnchen Gustav in Neustrelitz. Im Bezirk Marzahn engagiert er sich u. a. für das Theater am Park als Spielstätte.

Lars Scheibner wurde nicht nur als Tänzer geehrt, auch für seine Arbeit als Choreograf erhielt er diverse Preise. So wurde er 2009 mit dem Conrad-Ekhof-Preis in Gold von der Gesellschaft der Freunde des Mecklenburgischen Staatstheaters Schwerin für seine Arbeit als Gastchoreograf 2007 - 2009 ausgezeichnet. Weitere Preise folgten. Im Sommer 2021 erhielt Lars Scheibner als Chefchoreograf gemeinsam mit Dr. Marcus Doering als Interaktionschoreograf den Kulturpreis und Kulturförderpreis 2021 des Landes Mecklenburg Vorpommern für ihre Arbeit an der Verschmelzung von Naturwissenschaft und Tanzkunst. In der Laudatio hieß es: „Das Duo verbinde auf einzigartige Weise Tanz- und Lichtkunst und schaffe damit spektakuläre Inszenierungen, die weit über die Grenzen des Landes hinaus Beachtung finden. Dabei sei das Digitale kein Ersatz für körperliche Präsenz. Im Gegenteil: Es sind die Tänzerinnen und Tänzer, die auf der Bühne den Rhythmus angeben. Digitale Möglichkeiten ergänzen und erweitern die tänzerischen Ausdrucksformen auf ganz besondere Weise.“

www.deutsche-tanzkompanie.de