Groß-Berlin und die Ost-Dörfer

Karl Forster

Historisches Jahrbuch Marzahn-Hellersdorf erschienen

Der Heimatverein Marzahn-Hellersdorf ist nicht nur für seine Veranstaltungen und insbesondere die Zuarbeit für das Heimatmuseum bekannt. Seit langem spielen seine einschlägigen  Publikationen im Bezirk eine wichtige Rolle. Dazu gehören beispielsweise die Hellersdorfer Heimathefte, die sich mit Persönlichkeiten der Region, aber auch mit den Straßen im Bezirk oder der Schulgeschichte befassen. Verfolgung und Widerstand im Nazi-Regime in Hellersdorf oder Extremismus und Jugendgewalt in den 90er Jahren stellen weitere Schwerpunkte dar, die historisch aufgearbeitet wurden.

Unter der Bezeichnung „Beiträge zur Regionalgeschichte“ ist eine spannende historische Buchreihe in  15 Bänden erschienen, von denen ein Drittel bereits vergriffen ist. Die Themenpalette reicht von der Wirtschaftsgeschichte im Bezirk über die Gedenk- und Erinnerungsorte, die Straßen und Platzneubenennungen nach der „Wende“ bis zum Thema Frauengeschichte(n).

2020 erschien erstmals das „Historische Jahrbuch Marzahn-Hellersdorf“ für 2019. Eines der Hauptthemen ist das 40jährige Bestehen des Bezirks Marzahn-Hellersdorf. Neben Dokumenten und Aufsätzen enthält der Band auch eine Chronik von Ereignissen des Jahres 2018.

Im April 2021 wurde das Historische Jahrbuch 2020 vom Heimatverein vorgestellt. Mit 240 Seiten ist dies ein gewichtiger Band der Geschichte sowie aktueller Entwicklungen im Bezirk. Das Jubiläum 100 Jahre Groß-Berlin bildet das zentrale Thema. Hierzu sollte ursprünglich eine Veranstaltung am Tag der Regional- und Heimatgeschichte 2020 stattfinden. Diese fiel allerdings der Corona-Pandemie zum Opfer. Stattdessen fanden die vorbereiteten Beiträge zur Konferenz Eingang in das Jahrbuch. In den Texten soll aufgezeigt werden, dass der seinerzeit umstrittene Beitritt der „Dörfer“ zu Berlin mehr war als ein „längst überfälliger, gleichsam nachzuholender Akt der verwaltungsgemäßen Neuordnung“, sondern auch das Ergebnis der Situation kurz nach der Novemberrevolution 1918/19. Der stadtplanerische Akzent dieser Entwicklung wird in einem Beitrag des Architekten Wolf R. Eisentraut reflektiert.

Dass es auch damals Neues und Modernes am Rande der Stadt gab, macht der Text von Monika Rank mit dem Blick auf die Ortsteile des Bezirks in den 1920er Jahren deutlich. Die Entwicklung vom Gewerbegebiet Lichtenberg-Nord-Ost zum CleanTech Business Park behandelt Oleg Peters. Und Constanze Lindemann beschreibt die mehr als 100 Jahre währende Rolle und Entwicklung der „Heil- und Pflegeanstalt Wuhlgarten“.

Doch auch Literarisches und Unterhaltsames kommt in dem Jahrbuch zur Geltung. Anette Kio Wilhelm stellt beispielsweise den Berliner Beamten Paul Großmann (1865 – 1939) vor. Nach seinem Umzug an den Stadtrand engagiert sich dieser nicht nur als Gemeindevertreter; er beginnt zudem, Daten, Texte und Objekte aus dem aufstrebenden Mahlsdorf zu sammeln. Und Großmann sammelt nicht nur, er schreibt auch eigene Gedichte, darunter freche, erotisch und frivol anmutende Verse. Natürlich sind die jeweiligen Beiträge im Jahrbuch mit Texten aus der Feder Großmanns und mit seinen gesammelten Gedichten über Mahlsdorf ergänzt.

Karl-Heinz Gärtner komplementiert das Thema Mahlsdorf mit einem ausführlichen Bericht zur Postgeschichte des Ortes und zeichnet anhand von Postbelegen und Poststempeln den Werdegang von Mahlsdorf (Ostbahn) über Mahlsdorf b. Berlin bis zu Berlin-Mahlsdorf nach.

Der Heimatvereinsvorsitzende Wolfgang Brauer schließlich beleuchtet die Darstellung Marzahn-Hellersdorfs in Filmen der TV-Serie „Polizeiruf 110“. Dies teilweise anhand realer Kriminalfälle.

Das Historische Jahrbuch 2020, erschienen im April 2021, ist für eine Schutzgebühr von 10 Euro beim Heimatverein, im Bezirksmuseum und in Buchhandlungen des Bezirks erhältlich.