Georg Bothe ist Druckgrafik-Künstler und -Kursleiter sowie zweiter Vorsitzender des Graphik-Collegiums. An seinem Wirkungsort, im Lichtenberger Studio Bildende Kunst, gibt er Auskunft.

“Warum Druckgrafik?” Das ist eine der ersten Fragen an Georg Bothe. Was treibt heute noch jemanden dazu an, sich regelmäßig die Hände in der Druckwerkstatt schmutzig zu machen? Er erklärt begeistert, dass es direkt sinnlich ist und Spaß macht, und beim Schaffensprozess unbedingt dazu gehört, mit den Händen ganz unmittelbar zu arbeiten.

Sein allererstes druckgrafisches Motiv erinnert Georg Bothe als “miroesk”. In der Schulzeit muss es gewesen sein, beim üblichen Linolschnitt. “Ich hatte mir bei jedem Mal in den Finger geschnitten.” In einer Kunstzeitschrift sah er später eine Radierung von Max Beckmann, die er jedoch für eine Tuschezeichnung hielt. Sie inspirierte ihn, im Alter von etwa 12–14 Jahren, selbst mit Bleistift- und Tuschezeichnungen
anzufangen und künstlerisch zu experimentieren.

Zu seinen ersten Erfahrungen mit dem Tiefdruck gehört die skurrile Geschichte, bei der er die elterliche Garagen-Einfahrt zur Druckstrecke umfunktionierte: “...mittels zweier Holzplatten und einer Matte, die ich
übers Blatt gelegt hab. Blatt und Platte zwischen die beiden Holzplatten und dazwischen noch die Matte und dann mit dem Käfer drüber gefahren.” – Der alte Käfer seiner Mutter, und das ergab bereits “passable
Ergebnisse”.

Neugier und Experimentierfreude gehören auch heute noch zu Georg Bothes Eigenschaften um seine farbstarken Arbeiten zu entwickeln. Hauptsächlich nutzt er ein sehr eigenwilliges Material: Tetrapak. Und er adelt es, indem er es als schöpferisches Medium verwendet. Dabei werden jeweils die Formelemente auch mehrmalig benutzt und differenziert eingefärbt und eingesetzt. Dadurch entsteht wiederum eine Art Typologie, ganze Serien in spielerischer Herangehensweise reihen Unikat an Unikat. “Man schneidet eine Platte ja nicht, um sie nur einmal abzudrucken.” meint er und: “Wenn es gut läuft, sagt dir das Blatt am Schluss selber, was es noch braucht.”

In visueller Hinsicht möchte er, wie er sagt, bei den Betrachtenden eine Abenteuerlust wecken. Seine Drucke wirken oft wie “Landkarten von irgendeiner Landschaft, die noch kein Mensch gesehen hat”. Beim Anblick seiner Arbeiten denkt man in der Tat, es seien irgendwie veränderte, abstrakte Stadtpläne oder Platinen. Die druckgrafischen Arbeiten zeigen vielfach lineare Musterungen, Schraffuren, wie kleine Regenschauer, und dazu amorphe oder geometrische Figurationen, die auch sehr an archaische und indigene Schrift- und Zeichenbilder erinnern.

Und das ist gar nicht abwegig, denn – wie er erzählt – “In archäologischen Abbildungen, in wissenschaftlichen Zeichnungen wird oftmals das Drumrum, was nicht so wichtig ist, gepunktet oder ganz
monoton schraffiert und dann wird unten in der Legende erklärt – ´das ist eine Lehmschicht´.” Wie er darauf kommt? Ursprünglich hatte Georg Bothe einmal mit Kunstgeschichte und Archäologie beim Studium
angefangen; seine Bildelemente wirken jedoch keineswegs ´unwichtig´, dafür sehr fein ausgesteuert. Auch die Farben sind miteinander ausgewogen, von sensibel bis kraftvoll. Schwarz ist für ihn dabei auch “eine ganz ganz wichtige Farbe in der Druckgrafik”. Und diese, die ´Schwarze Kunst´ achtet er in ihrer historischen Bedeutung. Er bezieht sich dabei auch auf Henri Matisse, “der das Schwarz vergleichsweise als Bass im Orchester bezeichnet hat”. Das Nebeneinanderstehen der Farben zu Schwarz bringt diese erst zum Leuchten.

In jedem Fall sind die Werke von Georg Bothe gegenstandslos, das ist ihm wichtig. Wichtig ist auch immer wieder: Landschaft. Er ist in der Nähe von Karlsruhe aufgewachsen, in der Rheinischen Tiefebene. Die Rheinauen waren mit seine ersten Motive und er hat von Anfang an bereits abstrahiert. Immer noch liebt er die Ruhe und Inspiration, die von der Natur ausgehen. So kann er heute “Tausende kleiner Skizzen” nutzen und auf sie zurückgreifen, wenn er in alten Skizzenbüchern blättert: “Käsekästchen oder Briefmarken nennen das Bekannte von mir”.

Georg Bothe arbeitet und kooperiert auch mit anderen KünstlerInnen, bei kreativen Projekten und er macht Workshops. Er spricht über seine kreativen Angebote und welche Ideen er gerne einmal umgesetzt sehen würde. Eine Vertiefung internationaler Kontakte gehört dazu, warum nicht auch einmal ein Werkstattprojekt organisieren in Polen oder in Finnland… “das sind jetzt Träume!” Sie klingen nach viel nötigem Engagement, aber nicht unrealistisch.

Die Begeisterung, mit der er Auskunft gibt, ist ansteckend. Er ist mit Leidenschaft dabei und das deckt sich mit dem großen Ziel, welches das Graphik-Collegium in Berlin e.V. vereint: ´Wir sind ein Verein mit der Leidenschaft für die Druckgrafik´. Insofern schätzt sich der Verein glücklich, ihn als engagierten Kursleiter zu haben. Bescheiden weist der Künstler darauf hin, dass er letztlich weiterführt, was der ehemalige
Kursleiter Stefan Friedemann aufgebaut hat.

Es gab in der Unterhaltung noch jede Menge weitere spannende Themen und interessante Einblicke, wie zum Beispiel: Warum Georg Bothe Bauhandschuhe benutzt und wie es zu ´Postversand durchs Virenland´ kam. Warum Kleinformate eine “unheimliche Viecherei”, aber auch unheimlich Spaß bedeuten können. Warum das Studio Bildende Kunst in Rumänien eine Rolle spielte und was es mit einem Rekord für einen japanischen Papierhersteller auf sich hat.

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