Ein Traum und kein Ende – oder etwa doch?

Max Lindemann und Mona Wahba zum „Tod eines Handlungsreisenden“ am Berliner Ensemble

Das Stück „Tod eines Handlungsreisenden“ von Arthur Miller wurde 1949, also vor gut 75 Jahren, uraufgeführt und erhielt den Pulitzerpreis. Was bedeutet es uns heute? Der ursprüngliche Titel von „Death of a Salesman“ war „The Inside of his Head“. Willy Loman, im BE dargestellt von Oliver Kraushaar,  führt imaginierte Gespräche mit seinem Bruder Ben. Der verkörpert für ihn den American Dream. Regisseur Max Lindemann hat mit seiner Inszenierung im BE bewusst an den ersten Titel und daran angeknüpft, was der Amerikanische Traum in Willy Lomans Psyche angerichtet hat. “Mit 17 ging er nur mit einem Hemd am Leib in den Dschungel und als er mit 21 herauskam, besaß er Diamantenfelder“ sagt Willy von Ben. Willy hat sich vorgenommen, seine Söhne in diesem Geist zu erziehen. Doch der vielbeschworene Erfolg bleibt aus. Das Bühnenbild von Marlene Lockemann wechselt. Da gibt es ein bewegliches Bühnensegment, das sich in bestimmten Szenen absenkt. Für die Darsteller geht es abwärts in die „Unterwelt“, als Willy seinen Söhnen weismachen will, sie seien tüchtig, beliebt und deshalb erfolgreich. Tür und Tor würden aufgehen für den, der gut ankommt. Reichtum und Wohlstand seien unzweifelhaft das Ergebnis. Biff  will den verblendeten Vater sehend machen: „Ich bin eine Drei-Groschen-Existenz und du bist es auch“. Zu diesem Zeitpunkt gibt es für Willy schon keine Aussicht mehr auf eine Bewusstseinsänderung. Lebenslüge, die große. Max Lindemann hat damit ein Thema aufgegriffen, das den Mensch grundsätzlich betrifft,  unabhängig von Zeit und Ort. Im stückbegleitenden Workshop spielten wir Kurzszenen nach lockerer Vorgabe von Workshop-Leiter Manuel Kern: Die kurzen szenischen Darstellungen der Workshopbesucher sensibilisieren dafür, was in dieser Familie hätte anders laufen können, wenn Willy Momente der Gemeinschaft zugelassen hätte, ohne den immensen Druck aufzubauen, ohne den Versprechen des American Dream zu erliegen.

Der Regisseur des Stücks, Max Lindemann,  und Mona Wahba, leitende Theaterpädagogin des BE, haben sich im Podcast intensiv mit Fragen zu Stück und Thematik auseinandergesetzt. Max Lindemann stammt aus dem Ruhrgebiet und lebt seit 2018 in Berlin. Er hat Regie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch studiert. Mona Wahba ist gebürtige Wienerin und hat sich seit 2016 für Berlin entschieden. Ihr Studium der Theaterpädagogik absolvierte sie an der UdK.

Das Berliner Ensemble wurde 1949 von Bertolt Brecht und Helene Weigel gegründet und ist eine der führenden deutschsprachigen Bühnen. Bisherige Intendanten waren u.a. : Helene Weigel, Ruth Berghaus, Peter Zadek, Heiner Müller, Martin Wuttke, Claus Peymann. Seit 2017 ist dies Oliver Reese.

Interviewerin: Martina Pfeiffer  (Hierzu auch: Von der Lumpenexistenz zum gemachten Mann. Der Amerikanische Traum: Ein Erfolgsmythos literarisch ausgeleuchtet)