Ein Ort, um einen Nagel einzuschlagen

Lyrik von Bela Chekurishvili zum World Refugee Day 2025

Hintergrund und Interviews

Die Flucht ist nur sehr bedingt als Neuanfang zu sehen. Der Schriftsteller Ilja Trojanow hierzu: "Es gibt ein Leben nach der Flucht. Doch die Flucht wirkt fort. Ein Leben lang." Womöglich stärker noch als das räumliche Entwurzeltsein wirkt das sprachliche. Ortlosigkeit zieht Wortlosigkeit nach sich. Wovon der Flüchtling bedroht war oder was ihm widerfahren ist, entzieht sich oftmals der Benennung und wird in seinem vollem Ausmaß nicht öffentlich. Flüchtlinge sind nicht Auslöser von Krisen, sondern Opfer von Krisen, nämlich von Kriegen, Bürgerkriegen, Folter, Verfolgung, Diskriminierung und Naturkatastrophen. Der Verlust der Heimat und der Abschied von Freunden und Familienmitgliedern, Ängste und Traumata, ebenso wie das Gefühl gescheitert und untauglich zu sein, graben sich in die individuelle Psyche ein. Die Flucht – ein wiederkehrendes Motiv in der Menschheitsgeschichte, und deshalb keine Ausnahme. Bekannte Persönlichkeiten aus Wissenschaft,  Literatur, Philosophie und bildender Kunst haben Fluchterfahrungen durchgemacht. Verzweiflung über die politische Entwicklung in Deutschland, Heimweh, Verlust von sozialen Bindungen, finanziellen Mitteln und Publikationswegen setzten auch all jenen SchriftstellerInnen zu, die ab 1933 von Deutschland ins Exil flüchteten.  Die Genfer Flüchtlingskonvention  definiert Flüchtlinge als Menschen, "die vor Gewalt über Staatsgrenzen ausweichen, weil ihr Leben, ihre körperliche Unversehrtheit, Freiheit und Rechte direkt oder sicher erwartbar bedroht sind."  Gefühle von Heimatlosigkeit, Nicht-Dazugehören und das Unbehagen am Unterwegssein wider Willen machen das Gedicht "Der Nagel", verfasst von der Georgierin Bela Chekurishvili, in hohem Maße aussagehaltig.

Text: "Der Nagel" (Gedicht)
Verfasserin und Sprecherin: Bela Chekurishvili

Veröffentlicht in: Hubert Portz, Unterwegs, Knecht Verlag Landau, 2019
Bela Chekurishvili, Barfuß,  Gedichte, Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg 2018