Zwischen ängstlicher Erwartung und prekärer Zuversicht

Zeitzeugenstimmen: Podcast mit Wolfgang Schneider zum 80. Jahrestag des Kriegsendes

Das Kriegsende am 8. Mai 1945:  Dieser Einschnitt in der Geschichte löste keine einhelligen Hurrarufe aus. Von Jetzt auf Gleich den Schalter umzulegen war für viele nicht ohne Weiteres möglich. Die Erfahrung von Ratlosigkeit, Neuorientierung, Angst, und ja, auch von Niedertracht in Form von politischer Verleumdung macht sich in jenen Tagen geltend. Um das Seelenleben der Einzelnen und die menschlichen Tragödien, die hinter allem stehen, ermessen zu können, helfen uns Zeitzeugenstimmen. Wolfgang Schneider, Autor des 2024 erschienenen Buches Das Sperrgebiet: Karlshorst 1945-1994, hat sie uns zugänglich gemacht. Die Aussagen der Zeitzeugen haben nichts mit trockener Geschichtsstunde zu tun. Wer hier zuhört, ist gebannt, was Einwohner von Karlshorst im Zeitraum vom 23. April 1945 bis kurz nach dem 08. Mai 1945 durchlebt hatten. Wir haben es mit existenziellen Ausnahmesituationen zu tun. Mit verunsicherten Menschen in einem zertrümmerten Land, dessen verbrecherische Regierung den Krieg verschuldet und das selbst Millionen Kriegstote zu beklagen hatte.  Es waren nicht nur die materiellen Werte, die zunichte gemacht worden waren, sondern auch die ideellen. Die Menschen blickten zurück auf eine desaströse Vergangenheit und nach vorne in eine ungewisse Zukunft. Diese lag in der Hand der ehemaligen Feinde, deren Militärpräsenz in unterschiedlichen Schattierungen als Befreiung oder Besatzung empfunden wurde. Die Erfahrungen der Einzelnen divergieren hinsichtlich dieser Einschätzung und sind auf keinen einheitlichen Nenner zu bringen.  Das "Schicksalsjahr" 1945 markiert einen zwiespältigen Neuanfang für die Überlebenden, im psychischen Spannungsfeld zwischen anhaltender Besorgnis und aufkeimender Hoffnung.

Zeitzeugenstimmen von: Sitta Hohendorf, Ellen Wemhöner, Margit Schaumäker-Brückner, Pfarrer Hans Heyn und Interview mit Bischoff Weider

Sprecher/in: Wolfgang Schneider, Martina Pfeiffer