Die Fotogalerie wird vierzig und kein bisschen müde

Felix Hawran

Wie war es damals, 1985? Ein Blick in die Leitmedien der Zeit beschert uns auf der Hauptstadtseite des Neuen Deutschland vom 29.8.1985 einen Einspalter über die Eröffnung der Galerie in Friedrichshain. Die Zeichnung unter dem Artikel „Eine Galerie für Fotografien“ erinnert erstaunlich deutlich an eine historische Version moderner Selfies. Und auch aus dem Text lässt sich einiges erfahren über die Anfangszeit der „ersten Fotogalerie in unserer Stadt“. Ausstellungen wurden monatlich gewechselt, von Anfang an gab es einen Schwerpunkt auf der Repräsentation von Fotografinnen, es herrschte zu der Zeit ein reges Interesse an Fotografieausstellungen – und auch das Galerie-Café war seit Beginn mit dabei. In der Berliner Zeitung vom 31.8. findet man dann in der Rubrik „Kulturpolitik“ tatsächlich ein Foto aus den Räumen der ganz frisch eröffneten Galerie, wenn auch mit einem für Friedrichshainer Verhältnisse schlecht gealterten Motiv: zwei Männer fotografieren zwei Frauen beim gestellten Betrachten der Ausstellungsbilder. Aus dem sehr sachlichen Artikel in der „Neue Zeit“ vom 30.8. lernen jüngere Generationen, dass es damals wohl modisch war, ein Café als „Expresso“ zu bezeichnen, und dass die Galerie inklusive diesem hippen Ort stolze 273 m² Fläche umfasste, zu der auch eine geräumige Dunkelkammer gehörte. Und natürlich ging es um die erste Ausstellung: Die aufrüttelnden und mahnenden, von 1945 bis 1948 entstandenen Bilder, des Dresdner Fotografen Richard Peter sen. (1895–1977), waren dem Weltfriedenstag gewidmet. Nicht erwähnt wurde in der Öffentlichkeit allerdings, dass dem ursprünglichen Ideengeber der Fotogalerie, Ralf Herzig, der das Projekt mit seinem Kommilitonen Ulrich Domröse über Jahre bis zur finalen Umsetzung vorangetrieben hatte, aus politischen Gründen die Gelegenheit verwehrt wurde, sich am Ende tatsächlich in „seiner“ Fotogalerie aktiv einzubringen. Wenn man nach 40 Jahren Bilanz zieht, ist es beeindruckend, dass der Kulturring seit der Jahrtausendwende, also nun schon für deutlich mehr als die Hälfte ihrer Geschichte als Träger der Fotogalerie verantwortlich ist. Die ziemlich spektakulären Anfangsjahre, noch zu DDR-Zeiten, wurden abgelöst durch große Mühen, die Galerie als kommunalen Friedrichshainer Kulturort zu erhalten. Diese Kontinuität wird auch ermöglicht dank der von Anfang an guten Kooperation mit unserem langjährigen Vermieter, der Bewohnergenossenschaft FriedrichsHeim eG. Zur „ersten Fotogalerie der Hauptstadt“ sind mittlerweile zahlreiche weitere Berliner Galerien mit Schwerpunkt Fotografie hinzugekommen und unsere einzigartige Geschichte treibt uns nach wie vor an, mit engagierten Inhalten und streng kuratierten Ausstellungen, auch bei einem Mini-Budget, aus der Vielzahl an Angeboten herauszustechen. Seit der ersten Ausgabe des Europäischen Monats der Fotografie (EMOP, alle zwei Jahre das mit Abstand größte Fotoevent in Berlin) sind wir kontinuierlich Teil dieses Events. Generell hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass das Programm vor allem durch inhaltliche Kooperationen stark wird und sich erfolgreiche Projekte so verstetigen lassen. Als Beispiel sei die aktuelle Ausstellung „Under the Rug“ genannt, welche bereits die dritte gemeinsam mit dem jungen analogueNOW Kollektiv konzipierte Gruppenausstellung ist und am Eröffnungswochenende fast 400 Besucher angelockt hat. Essentiell auch die jährliche Kooperation mit der Fotoreportageklasse von Ann-Christine Jansson am Fotozentrum der Volkshochschule Friedrichshain-Kreuzberg, die sich stets mit hochaktuellen politischen Themen auseinandersetzt und die Fotogalerie stets am Jahresanfang zum Schauplatz für drängende gesellschaftliche Diskurse werden lässt. Kurz vor den Sommerferien findet schließlich „Jugend fotografiert“ statt (siehe Artikel S. 12), eine Ausstellungsreihe, die jungen Menschen aus Berlin und Brandenburg eine Plattform für ihre künstlerischen Arbeiten bietet und jedes Jahr eine Reihe engagierter Kunstpädagogen und Schüler zusammenbringt. Ein besonderes Highlight war 2023 das vom Senat geförderte Projekt „Reframe Namibia“, welches mit der Berliner Fotografin Julia Runge realisiert wurde. Erstmals wurden fotografische Arbeiten einer Vielzahl junger Talente aus Namibia in Berlin präsentiert, und unter enormem bürokratischen Aufwand konnten auch einige der Teilnehmenden im Rahmen der Ausstellung nach Berlin kommen. Im August werden wir also gemeinsam „40 Jahre Fotogalerie“ feiern mit einer Jubiläumsausstellung. Lasst euch überraschen!