St. Elisabeth-Stift besucht | Fotogalerie Friedrichshain Einblicke in fremde Welten

Ingrid Landmesser

Besuche der Fotogalerie Friedrichshain haben eine lange Tradition für die Bewohner und Mitarbeiter des St. Elisabeth-Stifts. Die älteste kommunale Fotogalerie Berlins wurde 1985 gegründet. Seit circa 2000 ist der Kulturring in Berlin alleiniger Betreiber der Galerie. Harald Hauswald, Fotograf und Mitbegründer der Fotoagentur Ostkreuz gehört zu ihrem künstlerischen Beirat. Zu DDR-Zeiten hatte ihn ein Freund an die Stephanus-Stiftung, kirchliche Trägerin von Pflegeeinrichtungen, vermittelt. Hauswald dokumentierte dort das Leben der Bewohner und ihren Alltag. Mit einer großen Ausstellung wurde 2014 sein sechzigster Geburtstag mit Freunden und Gästen in der Fotogalerie gefeiert. Der damalige Vorstandsvorsitzende des Kulturring, Dr. Gerhard Schewe, erkannte in einer Besucherin aus dem St. Elisabeth-Stift eine ehemalige Kollegin aus der Humboldt-Universität. Dr. ­Angelika Burkhard hatte sich im Bewohnerbeirat besonders für die kulturelle Betreuung im Stift engagiert und war geschätzte Mitarbeiterin bei unseren filmischen Dokumentationen.

All dies war Grund genug, die Zusammenarbeit zwischen Kulturring und dem Stift zu vertiefen und darüber zu berichten. Das Journal des Kulturrings liegt seitdem immer an der Rezeption im Stift aus. Im Heft März/April 2025 wurde die Ausstellung „Not surrendering“ (Nicht aufgeben) des Fotografen Mariusz Smiejek im Rahmen des Europäischen Monats der Fotografie (EMOP) vorgestellt. Der aus Polen stammende Reportagefotograf lebte mit seiner Familie in Belfast. Die Fotografien entstanden zwischen 2010 und 2020. Ihn interessierten die „Mauern in den Köpfen“. Mariusz Smiejek schreibt dazu: „Die Bilder der Ausstellung zeigen den Kampf um Identitätsfindung in Nordirland nach dem bewaffneten Konflikt (…) Ziel der Serie ist es, das Bewusstsein und das Wissen über Versöhnungsprozesse in territorial, politisch, national und religiös gespaltenen Gesellschaften nach Konflikten zu erweitern.“ Das klang spannend und wir planten, die Ausstellung zu besuchen.

Trotz Feiertagstrubel konnten wir mit Dörte Maungue, Leiterin der Betreuung, und ihren Kollegen ehrenamtliche Begleitpersonen für die Rollstuhlfahrer organisieren. Stellvertretend für Felix Hawran, den Leiter der Fotogalerie, der uns regelmäßig Führungen durch die Ausstellungen gab, übernahm es diemal der Fotograf Andreas Maria Kahn, uns Hintergrundinformationen zu den ausgestellten Fotografien zu geben. Ehrenamtler John, selbst Ire, gab uns geschichtliche Einblicke in die Auseinandersetzungen, auch aus eigenem Erleben. Stephan beeindruckte eine Geschichte aus dem Ersten Weltkrieg, in dem 1916 ein wichtiges irisches Bataillon aufgerieben wurde, weil man die Iren in das Gewehrfeuer hinein geschickt hatte. Einige Bilder erinnerten Markus an die Häuserkämpfe in Westberlin. Berührt hat alle die Geschichte des Fotografen Mariusz Smiejek, die Andreas erzählte: Einer amerikanischen Freundin des Fotografen wurde untersagt, weiter zu fotografieren, ansonsten würde dies böse Konsequenzen haben. Und so kam es auch. Sie wurde ermordet. Zwei Jahre später wurde auch ihm gedroht und er hörte mit dem Fotografieren auf.

Der Austausch von Gedanken, Erfahrungen, Sichtweisen und Wissen ist immer eine Bereicherung. Unser Ausflug ins Weltgeschehen hat allen gefallen. Dafür gab es Beifall für Andreas mit dem üblichen Lob von Bewohner Peter. Andreas von der Fotogalerie verewigte uns in einem Gemeinschaftsfoto. Danke!