Gegen die Fülle individueller Ausdrucksmöglichkeiten ist kein Kraut gewachsen. Kunst mit Hilfe der jeweils aktuellen technischen Werkzeuge zu produzieren, scheint ganz einfach zu sein. Kunstwerke zu reproduzieren und im Massenmaßstab an jedem Ort ohne zeitliche Limitierung zu rezipieren, ist alltäglich. Das steigert die kommerzielle Verwertbarkeit und nimmt dem Werk einen Teil seiner oft postulierten Einzigartikeit. Die Kunstrezeption pflegt teilweise bis heute den Kunstbegriff von Einzigartigkeit und Schöpfertum. Doch das Konzept ist obsolet. Dem „Künstlertum“ hält Walter Benjamin das Antidot der Sozialisten entgegen, Hanns Eisler fordert, den holden Blick des Künstlers abzuschaffen und Brecht ruft: „Glotzt nicht so romantisch!“ Es stellen sich für „frei zugängliche“ Produktions- und Projektionsmittel Fragen: 1. Was ist verfügbar und zu welchem Preis? 2. Wem gehören Pinsel, Mikrofon, Kamera, Leinwand, Projektionsfläche, Radiowelle, Sendemast und Internet? Die Technologie der Konsumenten-Anwendungen ist für die Masse kaum reproduzierbar und gehört Technologiekonzernen. Konkurrenz und Kommerzialisierung haben den kreativen Prozess vereinnahmt und qualitativ umgekrempelt. Verwertbarkeit ist für die Kunstproduktion längst innerer Leitfaden, je mehr sich beteiligen, desto härter wird der Kampf um die Rezeption.
Auf solche Zusammenhänge zu achten, ist gut – bei der Nutzung traditioneller und elektronischer Publikationsmittel unter dem Dach des Kulturring. Zum Beispiel bei sozialen Projekten wie der Ausstellung mit Farbcollagen von Bewohnern des St. Elisabeth-Stifts in Prenzlauer Berg zum Thema „Gebäude in Pankow“, montiert aus einer Kunstpublikation des Kulturring von 2019. Ohne Müdigkeit präsentiert der Kulturverein Appetit anregende Podcasts zu Themen aller Kulturgenres – frei von Werbung, frei von kommerziellen Zwängen. Auch die Videoreihe „60 Sekunden Kulturring“ gehört uns allen! Sinn und Form kommen gut miteinander aus bei Projekten wie „Hitler kaputt – die Russen sind da“. Im Sommer 2024 wurde Wolfgang Schneiders Buch „Sperrgebiet“ veröffentlicht, Forschungen in Archiven und Zeitzeugeninterviews der „Geschichtsfreunde Karlshorst“ zum Kriegsende in Karlshorst vor 80 Jahren, trefflich „zweitverwertet“ im Podcast des Kulturrings. Fortgeschrittenes Produzentenfeeling verspricht die Aktionswoche „Klanggeschichten“ im Kulturhaus Baumschulenweg. Der Workshop (nicht nur) für Bundesfreiwillige widmet sich vom 12. bis 16. Mai 2025 nicht dem Reden über Audiokunst, sondern der originären Produktion derselben. Sehr spannend ist das! Ich wünsche uns allen Umsicht, Weitsicht und ein gutes Gelingen!