Gemeinsam Kultur gestalten und neue Wege gehen

Ingo Knechtel

Kulturring berät über neue Vorhaben und wählt Vorstand

Am 25. November 2024 wurde auf der Mitgliederversammlung mit überzeugendem Votum ohne Gegenstimmen ein neuer Vorstand des Vereins gewählt. In den Räumen der Fotogalerie Friedrichshain trugen zuvor die stellvertretende Vorsitzende Astrid Lehmann den Bericht des Vorstands und Geschäftsführer Armin Hottmann den Finanzbericht vor. Hervorgehoben wurden die thematischen Beiträge „Blick aus meinem Fenster“ aus 2023 und das 30. Vereinsjubiläum 2024. Gewürdigt wurde neben zahlreichen Projekten die tägliche Kleinarbeit der Mitglieder und Mitarbeiter. Für alle im Internet sichtbar entstanden die von Martina Pfeiffer initiierten Podcast-Reihen und die 60-Sekunden-Videos von Alexandra von der Heyde – beide Auftritte erfreuen sich eines großen Zuspruchs und erweitern die Reichweite des Kulturrings. Trotz zahlreicher Unsicherheiten überwog der Optimismus mit Blick auf die neuen finanziellen und damit natürlich auch inhaltlichen Herausforderungen. Erfreulicherweise wurden durch die Arbeit eines vom Vorstand eingesetzten Beirats weitere Reserven für eine Verbesserung der zukünftigen Arbeit aufgedeckt, wozu eine verbesserte interne Kommunikation zählt. Mit der neuen Vereinsvorsitzenden Hannelore Sigbjoernsen führten wir das folgende Interview.

Kultur.txt gratuliert herzlich zur Wahl als neue Vorsitzende des Kulturrings. Du bringst viele Jahre der Erfahrung in der Kulturarbeit mit für diese anspruchsvolle Aufgabe, warst lange Jahre Vorsitzende des Kulturvereins Prenzlauer Berg, hast Höhen und Tiefen in der Projektarbeit auch im Kulturring erlebt. Was bewegt Dich so kurz nach dieser Wahl, nach diesem Vertrauensbeweis?
Meiner Entscheidung, mich wieder einer Wahl zu stellen und letztlich auch den Vorsitz anzunehmen, lag schlicht und einfach der Wunsch zugrunde, dem Verein beim Start in seine nächsten 30 Jahre auch weiter behilflich zu sein. Und außerdem: Ohne einen ordentlichen Vorstand wären die satzungsgemäßen Voraussetzungen für die Existenz des Vereins nicht erfüllt. Der ehemalige Vorsitzende Lutz Wunder war seit langem krank. Astrid Lehmann, die ihn bewundernswert und mit viel Langmut vertrat, hatte rechtzeitig angekündigt, das Amt nicht mehr weiterführen zu wollen. Sie sieht ihr Engagement künftig mehr in ihrem heimatlichen Umfeld außerhalb Berlins. Caroline Wagner, nunmehr die Stellvertreterin, ist mir eine absolut liebenswerte und vertraute Person, die ebenso wie ich für den Kulturring und seine Ambitionen brennt. Sie ist seit zwei Jahren im Vorstand und stellt sich mit großem Engagement den Herausforderungen der Vereinsarbeit – trotz freiberuflicher, künstlerischer Arbeit und familiärer Verpflichtungen in Bayern. Es ist wunderbar, dass Ralf Neukirchen aus dem Andymon-Club und Corvin Jordan – er war schon im Beirat tätig – das Vorstandsteam vervollständigen. Sie haben ebenso das Mitgliedermandat erhalten, und dieses Kleeblatt macht jetzt das Kulturring-Vorstandsteam aus. An dieser Stelle möchte ich allen, die uns gewählt haben, für das Vertrauen danken, das sie in uns setzen.

Unsere Leser kennen Dich aus zahlreichen Beiträgen für diese Zeitschrift. Journalistische und redaktionelle Arbeiten haben auch Dein Berufsleben weitestgehend geprägt. Vielseitigkeit, genaue Recherche und Netzwerke sind dabei sicher nur einige Stichworte. Hilft dieser berufliche Hintergrund in der Vereinsarbeit? 
Das Schreiben war mir schon immer eine Lust und Freude. Mehr noch aber bedeutet mir das „Netzwerken“, das Verbinden vieler Menschen miteinander. Projekte zu konzipieren, zu initiieren und – entweder publizistisch oder als Veranstaltung – umzusetzen, das bereichert mich ungemein. Ich will auch anderen Mut machen, sich neuen Aufgaben zu stellen, die Chance zu nutzen, die ein Verein bietet, sich in Teams einzubringen und selbst kreativ zu werden. Für mich war das auch immer wichtig. Ich komme aus der sogenannten „Schwarzen Zunft“, habe noch die klassische Schriftsetzerei erlernt. Nach einem Fach- und Hochulschulstudium an der HUB habe ich viele Jahre im DDR-Fernsehen und als Redakteurin bei der einzigen Rundfunk- und Fernsehzeitschrift in der DDR, der „FF Dabei“ gearbeitet. Im Dezember 1989 bis zu den Wahlen 1990 saß ich für den Kulturbund der DDR am Runden Tisch in Prenzlauer Berg. Im Kulturverein Prenzlauer Berg als Vorsitzende, wie auch später als Projektkoordinatorin im Kulturring, habe ich nicht nur die Arbeit mit Gleichgesinnten schätzen gelernt, sondern auch den Wert einer Gemeinschaft, die sich der Kunst, Kultur wie auch der regionalen Geschichte verschrieben hat.

Du hast bereits viele Jahre im Vereinsvorstand mitgearbeitet, kennst also die Probleme und die Herausforderungen. Kannst Du heute schon sagen, worauf Dein Augenmerk in der kommenden Zeit gerichtet sein wird? 
Der Kulturring hat ein riesiges Potenzial kreativer Mitstreiter – in den Gruppen wie auch unter den Mitarbeitern, was es weiter zu nutzen und fester noch als bisher in das Vereinsleben einzubinden gilt. Nur ein Beispiel: Über Jahre lagerte eine Ausstellung zum Thema „Runder Tisch Weißensee – Von der Stasizentrale zum Rathaus“ im Keller des Medienpoints in der Senefelderstraße in Prenzlauer Berg. Die Idee war, 2024/25 zu 35 Jahre Mauerfall und 35 Jahre Runde Tische die Ausstellung wieder zu beleben. Doch die Spuren der Keller-Lagerzeit waren nicht zu übersehen. Ein medienperfekter Mitarbeiter hat sich des Technischen angenommen, eine Mitarbeiterin im Bundesfreiwilligendienst des Inhaltlichen. Im Enstehen ist ein Bild-Text-Vortrag, mit dem wir in die Öffentlichkeit gehen werden. 
Blicken wir auf ein ganzes Jahr, so sind die „kultur.txt“ das beste Zeugnis dafür, was ein Verein wie der Kulturring den Berlinern an Kunst- und Kulturerlebnissen bieten kann. Mit seiner Veranstaltungsvielfalt und Projektarbeit für jung und alt bereichert er das Leben und erleichert den Alltag. Daran soll es bei allen Sparplänen möglichst keine Abstriche geben. Unsere Ideen sind gefragt, unser Mut, auch unkonventionelle Wege zu gehen. Führen wir Menschen mit den verschiedensten Interessen zusammen, bieten ihnen gemeinsame Kreativräume. Suchen wir zusammen mit ihnen nach Sponsoren oder Stiftungen. Lasst uns erfinderisch sein! Was an Initiativen und Aktivitäten bei uns im Kulturring vorhanden ist, lebt mit all unseren Aktiven! Für neue Ideen und Vorschläge, für jede Art der Mitwirkung stehen die Türen unserer Geschäftsführung mit Armin Hottmann an der Spitze und unseres Vorstands weit offen.

Welche Reserven und Potenziale hat der Verein in der Mitgliederarbeit? Wie will er sich auch weiterhin sicht- und hörbar in die freie Berliner Kulturszene einbringen?
Wir werben um die kreative Mitarbeit von möglichst vielen Menschen. Es geht um ihre Interessen, es geht um Gemeinschaft und Beteiligung. Gerade ein Verein wie unserer bietet viele Möglichkeiten des Interdisziplinären: Literatur, Kunst, Musik, Theater, Geschichtliches, kreative Freizeitgestaltung – um nur einiges zu nennen. Die Kultur in ihrer ganzen Breite und Vielfalt lädt zur Betätigung ein. Sie will den Dialog – und die Gesellschaft heute braucht genau das! Davon bin ich zutiefst überzeugt. Um das zu schaffen, müssen wir mehr Menschen erreichen und bekannter werden. Neben unserem Internetauftritt konzentrieren wir uns auch auf die sozialen Medien. Weiterhin ist ein aussagekräftiger Werbeflyer geplant. Aber so manche Außenwerbung an unseren Einrichtungen könnte durchaus auffälliger sein. Was die Wahrnehmung des Kulturrings in der Presse anbelangt, so erschien erst kürzlich ein ganzseitiger Artikel im Tagesspiegel über unseren Medienpoint Schöneberg. Insgesamt müssen wir gezielt Kontakte mit Redaktionen, vor allem lokal, ausbauen. Mitglieder unserer Geschichtsfreunde Karlshorst sind oft gefragte Interviewpartner, wie zum Beispiel Wolfgang Schneider Anfang Dezember in der Abendschau des rbb.

Können wir uns auf Höhepunkte im neuen Jahr freuen? Kannst Du uns dazu schon etwas verraten?
Im nächsten Jahr begehen wir den 80. Jahrestag des Kriegsendes. Das ist für einen Kulturverein geradezu eine Verpflichtung, über ein angemessenes Programm zu diesem Thema nachzudenken. Der Science Fiction Club Andymon, der schon zu Kulturbund-Zeiten gegründet wurde, feiert seinen 40. Jahrestag, ebenso wie die Fotogalerie Friedrichshain. Und wir werden uns natürlich wieder mit allen Kulturinteressierten am 10. März bei „Brot & Wein“ treffen. Auch zu Festen und Feiern werden wir in das Studio Bildende Kunst in Lichtenberg und das Kulturhaus Baumschulenweg einladen. Vor allem werden wir viele Anstrengungen darauf verwenden, dass Mitarbeiter und Mitglieder in Zukunft noch mehr zueinander finden, um die Basis des Vereins zu stärken.