Sprechen mit Bildern

Felix Hawran

Bei der Arbeit mit verschiedenen Generationen wird schnell deutlich, wie sehr sich der Schwerpunkt von schriftlicher zu visueller Kommunikation verlagert hat. Der Kulturring ist seit einigen Jahren auf Youtube und Instagram präsent und alleine um unsere wichtigsten Veranstaltungen, Projektergebnisse und Neuigkeiten dort visuell zu präsentieren, bräuchte es mehrere Vollzeitjobs. In diesem Bereich ist daher die Unterstützung durch Ehrenamtliche so wichtig und noch ausbaufähig. Aus der langjährigen Tätigkeit im Bereich Medienpädagogik haben sich zwei „Bildungsaufträge“ herauskristallisiert, denen mein besonderes Engagement gilt:
Erstens, die Kommunikations- und Ausdrucksformen unserer Mitarbeiter*innen im Bereich des Visuellen gezielt zu erweitern und dadurch digitale Kompetenz allgemein zu stärken. Teamsitzungen als Videokonferenzen via Zoom, Fotos zu den persönlichen Wandelgeschichten selbst erstellen, auswählen und hochladen, Selbstpräsentation in Form kurzer Smartphone-Videos. Dafür arbeiten wir seit Anfang 2023 im EU-Projekt beyond fifty five mit Teilnehmenden der Volkshochschule auf der Insel Öland in Schweden zusammen. So manche(r) möchte hier anfangs an der Hand genommen werden, mittlerweile ist die gegenseitige Unterstützung innerhalb der Teams jedoch so stark, dass alle waghalsig von einer neuen Aufgabe zur nächsten schreiten.

Zweitens, jungen Menschen eine Ausdrucksform bieten, die keine Grenzen kennt und die in der Schule zu kurz kommt: es ist keine neue Erkenntnis, dass das Schulsystem nicht mit den rasanten Veränderungen der Lebensrealitäten schritthält. Auf was kommt es in Zeiten von Autokorrektur, Wikipedia und ChatGPT wirklich an? Ein bewegendes Beispiel für die Kraft visueller Ausdrucksform war ein Workshop in der Fotogalerie Friedrichshain mit unbegleiteten Jugendlichen. Die meisten von Ihnen haben völlig auf sich alleine gestellt eine Odyssee von Afghanistan bis Berlin zurückgelegt und warten nun auf einen Schulplatz in Deutschland. In ihrer Heimat haben sie nie schreiben gelernt, umso mehr blühten sie vor und hinter der Kamera in unserem dreitägigen Fotoworkshop auf. Hier konnten sie ohne Hindernisse zeigen „Das bin ich! So möchte ich gesehen werden und das möchte ich euch mitteilen.“ Neben dem Selbstbewusstsein wird dadurch auch ein Gefühl von Zugehörigkeit zur Gesellschaft gefördert: „Ich kann etwas! Meine Bilder werden in einer Ausstellung gezeigt. Deutsche kommen in die Ausstellung und interessieren sich für meine Fotos.“ In diese Richtung geht auch das Projekt ­REFRAME Namibia mit der Fotografin Julia Runge, die im Interview (S. 22) mehr darüber erzählt.