Die Sensibilität für Ortsgeschichte schärfen

Karl Forster

Von außen gesehen, wird Marzahn-Hellersdorf immer als neuer Bezirk Berlins wahrgenommen. Doch etliche Ortsteile des Stadtbezirks haben eine lange Geschichte. So wie alle Dörfer im Umfeld des Barnim wurde beispielsweise das Dorf Marzahn bereits um 1230 gegründet. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erhielt das Dorf Marzahn eine steinerne Dorfkirche. Um 1300 wurde es unter der Bezeichnung “Morczane” erstmals urkundlich durch den Markgrafen Albrecht III. erwähnt. Diese Geschichte der Ortsteile bewusst zu machen, ist eine Aufgabe des Heimatvereins Marzahn-Hellersdorf. Vor 25 Jahren startete einer seiner zwei Vorgänger, der Förderverein für das Heimatmuseum Marzahn.

Schon sechs Jahre früher, im Januar 1991, fanden sich 19 interessierte Bürger zusammen, um den „Heimatverein Hellersdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf“ ins Leben zu rufen. Vorsitzender wurde damals der Elektroingenieur Dr. Friedrich Wilhelm Bretschneider. Es war der damalige Leiter der „Hellersdorfer Bezirkschronik“ Dieter Winkler, der sich bereits unmittelbar nach der „Wende“ in den Jahren 1989/90 bemühte, der heimatgeschichtlichen Arbeit einen neuen Auftrieb zu geben. Dabei konnte er die Erfahrungen der bisherigen Interessengemeinschaft für Denkmalpflege und Heimatgeschichte beim Kulturbund der DDR nutzen, musste sie jedoch als Bestandteil der Demokratiebewegung neu formieren.

Von Anbeginn war es das Anliegen des Vereins, Heimatgeschichte in ein produktives Verhältnis zur Gegenwart zu bringen. Vom Heimatverein ging auch die Initiative aus, die anstehenden Ortsjubiläen 650 Jahre Mahlsdorf (1995) und 650 Jahre Kaulsdorf (1997) würdig zu begehen. Dazu wurde auch mit der beim Kulturring in Berlin angesiedelten „Geschichtswerkstatt Hellersdorf“ eng zusammengearbeitet.

Im Herbst 1997 fanden sich dann im damals selbständigen Bezirk Marzahn einige Freunde des damaligen Heimatmuseums Marzahn zusammen mit dem erklärten Willen, dass das Museum mehr öffentliche Förderung und Unterstützung durch Bürger und Unternehmen verdient hat. Aber auch die Förderung der Heimatgeschichte spielte dabei eine wesentliche Rolle. So erinnerte man sich an die bereits etablierten „Marzahner Gespräche zur Zeitgeschichte“. Aber man blickte auch auf die bevorstehenden Aufgaben, wie das Erinnern an die 700 Jahre Dorfgeschichte Marzahns, die 625 Jahre Dorfgeschichte Biesdorfs und man blickte auf das bevorstehende Jubiläum 20 Jahre Bezirk Marzahn. Das Heimatmuseum präsentierte sich damals in einer Dachkammer von wenigen Quadratmetern und war diesen Aufgaben keinesfalls gewachsen.

In einem Gründungsaufruf hieß es: „Besucher aus Nah und Fern wünschen, dass das Heimatmuseum ein noch attraktiverer Ort der lebendigen und aktiven Auseinandersetzung mit der Geschichte des Dorfes Marzahn, der Siedlung Biesdorf, der Geschichte des Berliner Bezirkes Marzahn sowie der eigenen Lebensgeschichte wird. Darum haben sich einige an Geschichte interessierte Marzahner und Biesdorfer zusammengetan, um einen Förderverein für das Heimatmuseum zu gründen. Das Ziel ist, die Arbeit des Museums in Vorbereitung dieser historischen Ereignisse in vielfältiger Weise zu unterstützen. Es geht darum, den Materialfundus des Museums zu mehren, Dokumente und andere schriftliche Zeugnisse aus dem Leben des jungen Stadtbezirks und der Geschichte seines Territoriums aus länger zurückliegenden Zeiten zusammenzutragen. Es geht um Sachgegenstände, die das Leben der Menschen in der jüngeren wie älteren Zeit umgaben.“

Für den 21. Januar 1998 (auf den Tag genau sieben Jahre nach der Gründung des Heimatvereins Hellersdorf) wurde dann zur Gründungsversammlung des Fördervereins für das Heimatmuseum Marzahn eingeladen. Erster Vorsitzender wurde damals der Architekt und Bauhistoriker Dr. Günter Peters. Unter seiner Ägide gelang es, durch einen denkmalgerechten Umbau der alten Schule auf dem Anger Marzahns die Voraussetzungen für ein Haus für das damalige Heimatmuseum Marzahn, das heutige Bezirksmuseum Marzahn-Hellersdorf, zu schaffen. Durch die Aktion „Ein Stein für das Heimatmuseum“ wurden 122.918,26 DM an Geld- und Sachspenden und 495.483 DM an ABM-Leistungen aufgebracht. Am 11. September 1999 konnte das Haus als Museum eröffnet werden.

Infolge der Fusion der beiden Bezirke im Jahr 2001 schlossen sich ein Jahr später der Heimatverein Hellersdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf“ mit dem inzwischen umbenannten „Heimatverein Marzahn“ zum Heimatverein Marzahn-Hellersdorf e. V. zusammen.

Das Museum ist immer noch ein Thema des Heimatvereins. Beispielsweise wenn der Verein kritisiert, dass es das einzige Bezirksmuseum in Berlin ist, das dann, wenn die Bürger Zeit hätten, nämlich am Wochenende, geschlossen ist. Wichtiger Aufgabenbereich ist allerdings auch die regelmäßige Durchführung der Tage der Regional- und Heimatgeschichte und der Publikationen zu den Themen der Veranstaltungen sowie die zahlreichen Vorträge und Exkursionen zu heimatgeschichtlichen Themen. Der Kulturring in Berlin gratuliert dem Heimatverein zu seinem Gründungsjubiläum!