Was wird aus dem Bezirksmuseum?

Karl Forster

Jahresbericht des Heimatvereins

Wir verstehen uns als „Förderverein für das Bezirksmuseum“, unterstrich der Vorsitzende des Heimatvereins Marzahn-Hellersdorf, Wolfgang Brauer, bei dem unter Corona-Bedingungen stattgefundenen Pressegespräch 2021 und informierte die Journalisten über die Situation des Museums. Danach laufe der Mietvertrag für das Gebäude Alt Marzahn 55 Mitte 2023 aus. Zwar gebe es auch von Seiten des Vermieters Zeichen des Interesses an einer Fortführung, doch sei bislang keine Entscheidung gefallen.

Hintergrund ist, dass es seit längerem Planungen gibt, das Gelände des Kulturgutes Alt Marzahn als zentralen musealen Standort des Bezirks zu entwickeln. Bislang ist das Bezirksmuseum in zwei Gebäuden, der ehemaligen Dorfschule am Anger Alt Marzahn 51 und der ehemaligen Heinz-Lüdecke-Bibliothek Alt Marzahn 55, untergebracht. Im Rahmen einer Zusammenfassung an neuem Standort könnte dort ein neues Gebäude für notwendige Archivräume entstehen. Der Heimatverein sehe im Zuge einer solchen Entwicklung auch die Möglichkeit, weitere für den Bezirk wichtige Archive, wie das Kurt-Schwaen-Archiv, für das dringend ein Standort gesucht wird, dort unterzubringen und zugänglich zu machen.

In diesem Zusammenhang wies Brauer auch darauf hin, dass ein wesentlicher Teil der Arbeit für die Ausstellungen im Bezirksmuseum durch eine Arbeitsgruppe des Heimatvereins geleistet werde. Er bemängelte, dass seit langem vergeblich dafür gekämpft werde, stabile Wochenend-Öffnungszeiten für das Museum zu realisieren. Das Marzahn-Hellersdorfer Bezirksmuseum sei auch das einzige Berliner Bezirksmuseum, das nicht über eine eigene Personalstelle für das Archiv verfüge. Diese sei zwar immer wieder mal „in Planung“, verschwinde dann jedoch im Zuge der Haushaltsberatungen. Das sei eigentlich unerträglich, gerade in einer Situation, in der immer wieder Nachlässe dem Verein und dem Museum angeboten werden.

Trotz der Situation nach einem Jahr Pandemie konnte der Verein eine Reihe von Aktivitäten vorweisen, wenngleich 2020 etwa ¾ der geplanten Veranstaltungen wegbrachen. Erstmals, so Brauer, sah sich der Verein 2020 auch gezwungen, ein Mitglied auszuschließen. Der frühere AfD-Politiker Bernd Pachal, der – wie auch andere AfD-Mitglieder – dem Verein beigetreten war, wurde ausgeschlossen, nachdem bekannt geworden war, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg seiner Entfernung aus dem Polizeidienst – er gehörte der Bundespolizei an – zustimmte, weil er den Holocaust geleugnet und führende Personen des NS-Regimes, darunter den als „Schlächter von Prag“ bekannt gewordenen Naziführer Reinhard Heydrich, verherrlicht hatte.

Für das jetzt laufende Jahr hofft der Heimatverein, eine Reihe von Veranstaltungen durchführen zu können. So wird für den 5. Mai die Mitgliederversammlung geplant. Am 19. Juni soll dann wieder eine Exkursion, diesmal nach Brandenburg/Havel, stattfinden. Dabei steht nicht die Dominsel, sondern die Stadtstruktur mit der Altstadt im Blickpunkt. Außerdem soll das Industriemuseum besucht werden. Der dortige „Siemens-Martin-Ofen XII“ ist der letzte Ofen dieser Art in Westeuropa. Er gehörte zum „VEB Stahl- und Walzwerk Brandenburg“, dem größten Stahlwerk der DDR.

Eine weitere Exkursion ist für den 9. Oktober nach Rathenow geplant. Die Stadt wird als Wiege der industriellen Optik in Deutschland bezeichnet. Johann Heinrich August Duncker entwickelte in Rathenow die erste Vielspindelschleifmaschine zur rationellen Herstellung von Brillengläsern und begründete dort 1801 die optische Industrie.

Der Tag der Regional- und Heimatgeschichte soll in diesem Jahr am 30. Oktober stattfinden und steht im Zeichen der im nächsten Jahr anstehenden 675-Jahr-Feier Kaulsdorfs. Erstmals musste pandemiebedingt im vergangenen Jahr auch der Alt-Kaulsdorfer Weihnachtsmarkt ausfallen. Nun ist er für dieses Jahr für den 4. Dezember geplant.

Anlässlich der Pressekonferenz wurde auch das Historische Jahrbuch Marzahn-Hellersdorf 2020 vorgestellt. Im Zentrum stehen dabei die eigentlich für den ausgefallenen Tag der Regional- und Heimatgeschichte 2020 vorbereiteten Beiträge zum Thema 100 Jahre Groß Berlin. Das umfangreiche Buch (220 Seiten) ist ab Anfang April zum Preis von 10 Euro beim Heimatverein, im Bezirksmuseum und in Buchhandlungen des Bezirks erhältlich.

Abschließend gab Brauer seinem Wunsch Ausdruck, dass sich junge, historisch interessierte Menschen, finden, die – eventuell auch nur hobbymäßig – sich dem Thema Geschichtsforschung widmen würden.