Kulturforum Hellersdorf | Jugendkunstschule „Lin Jaldati“

Karl Forster

Das Kulturforum Hellersdorf, größtes Kulturobjekt des Stadtteils Hellersdorf, wurde jetzt nach langer Sanierungszeit mit neuer Aufgabenstellung als Jugendkunstschule übergeben. Eine Eröffnungsfeier wurde coronabedingt abgesagt, möglicherweise wird sie im Mai 2021 nachgeholt.

Seit 1992 lud das Kulturforum Hellersdorf, nahe dem Einkaufszentrum Corso, zu einer Vielfalt kultureller Veranstaltungen ein. Anfangs noch unter der Leitung des Kulturamts, waren bereits von Beginn an freie Träger mit dabei, um das Angebot zu gestalten. So auch der Kulturring in Berlin e. V., mit einem breiten Angebot an Kursen, Vorträgen oder Konzerten. Hier entstand auch die beliebte Veranstaltungsreihe „Heller Salon“. Im Jahr 2003 sah sich der Bezirk nicht mehr in der Lage, die Kultureinrichtung zu betreiben und übergab das Haus an den Kulturring, der dort mit vielen Mitarbeitern ein engagiertes Programm anbot. Doch bald zeigten sich bauliche Mängel. 2018 wurde mit der dringend notwendigen Sanierung begonnen. Die Wiedereröffnung war für den Herbst 2019 geplant. Doch die Bauarbeiten verzögerten sich offensichtlich in Folge des Baubooms in 2019. Corona kam hinzu und erschwerte noch einmal alles, sodass auch der im Internet angekündigte Umzugstermin zum Herbst 2020 nicht eingehalten werden konnte.

Während der Bauphase wurde bekannt, dass das Haus nicht mehr wie in bisheriger Weise für ein breites Veranstaltungsangebot zur Verfügung stehen würde. Das Bezirksamt hatte entschieden, dort die Jugendkunstschule unterzubringen. In deren bisherigem Gebäude am Kummerower Ring 44, das angeblich ebenfalls sanierungsbedürftig sein soll, wird nun voraussichtlich, so dessen Leiter Thomas Theus, die Volkshochschule einziehen.

Mehrfach wöchentlich finden nun in der Jugendkunstschule Workshops und Projekttage für Schulklassen statt. Orientiert an den Rahmenlehrplänen, werden künstlerische Zugänge zu Themen ermöglicht und der künstlerisch-forschende Lernweg und Ausdruck gefördert. In den Ferien und am Nachmittag, werden mit offenen Angeboten, Kursen und Projekten vielfältige Möglichkeiten geboten, sich im künstlerischen Bereich zu betätigen. Das Angebot umfasst die Vermittlung von künstlerischen Grundlagen, die Vertiefung von bestehenden Neigungen und Interessen, bis hin zum Mappen-Kurs als Vorbereitung auf ein Studium im künstlerischen Bereich. Alle Angebote werden in Kleingruppen durchgeführt und von Künstler*innen und Kunstpädagog*innen begleitet. Neben der Vermittlung von künstlerischen und handwerklichen Fertigkeiten, wird großer Wert auf die Stärkung der Ausdrucks- und Reflexionsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler aus Marzahn-Hellersdorf gelegt. (Angaben aus der Selbstdarstellung der Jugendkunstschule).

Die Arbeit mit den Schulen erfolgt im Vormittagsbereich durch die JKS besuchenden Schulklassen des Bezirks und durch Angebote in Form von Projekten und Werkstätten. Die Inhalte können durch Schulen mitbestimmt werden, davon wurde jedoch bisher weniger Gebrauch gemacht, so Thomas Theus. An Nachmittagen und Abenden gibt es offene Angebote in Form von Kursen, weiterhin sollen wieder Angebote zur regionalen Fortbildung in der künstlerischen Praxis aufgenommen werden.

Auf eine Angebotsauswahl öffentlicher Kulturveranstaltungen im Hause werden die Hellersdorfer noch warten müssen. Voraussichtlich soll erst im Laufe des ersten Halbjahres 2021 ein „Ideenwettbewerb“ ausgeschrieben werden.

Die Gesamtbaukosten nach Abschluss der Sanierung, belaufen sich auf 2,8 Millionen Euro. Die Bausubstanz des Gebäudes blieb in den Grundzügen bestehen, die Ästhetik des Hauses wurde beibehalten, das Äußere jedoch durch eine Klinkerfassade aufgewertet. Hinter der Fassade wurde eine vollflächige Außenwanddämmung ausgeführt. Im gesamten Saal wurde der über lange Zeit mit Teppich ausgelegte Boden erneuert und zu einem massiven Parkettschwingboden umgestaltet. Sämtliche technischen Anlagen des 30 Jahre alten Hauses wurden erneuert. Der Einbau der Bühnentechnik ist für 2021 eingeplant. Im Frühjahr wird der Garten neu gestaltet.

Die Jugendkunstschule trägt nun den Namen „Lin Jaldati“. Die Namensgeberin (bürgerlicher Name Rebekka Brilleslijperwar), eine 1912 in Amsterdam geborene jüdische Sängerin, die sich nach dem Überfall Deutschlands auf die Niederlande, 1940 dem Widerstand angeschlossen und im Untergrund illegale Konzerte mit jiddischen Liedern organisiert hatte. 1944 wurde sie verhaftet und durchlebte verschiedene Lager, darunter das KZ Auschwitz und das KZ Bergen Belsen, wo sie Anne Frank, die sie aus Amsterdam kannte, wiedertraf. In Bergen Belsen wurde sie 1945 todkrank, von britischen Truppen befreit. 1952 übersiedelte sie mit ihrer Familie in die DDR. Hier galt sie lange Zeit als die einzige offizielle DDR-Interpretin jiddischer Lieder. Nach ihrem 75. Geburtstag nahm Jaldati Abschied von der Bühne. Sie starb 1988 und wurde auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin beigesetzt.