Sommerfest im Kulturbund Ernststraße

Monika Niendorf

Wie in jedem Jahr im Sommer freue ich mich auf das Sommerfest im Garten des Kulturbundes in der Ernststraße. Es ist kaum zu glauben, aber schon seit 15 Jahren ist dieses Fest in Baumschulenweg zur Tradition geworden. In jedem Jahr stand es unter einem bestimmten Motto. Meist haben wir die kulturellen Traditionen eines anderen Landes oder Kontinentes gefeiert und näher kennengelernt, mit typischer Musik und Tänzen und auch den dazu gehörigen kulinarischen Köstlichkeiten und Getränken. Dazu gibt es meist einen kniffligen Wissenstest, und ich kann mich erinnern, als es um Griechenland ging, habe ich auch schon einmal einen Preis gewonnen. Aber das ist ja nicht wichtig, wichtig ist es, dabei zu sein. Denn bei diesen Festen trifft man immer wieder alte und neue Freunde des Kulturbundes aus Baumschulenweg und natürlich auch aus vielen anderen Ecken Berlins, die zu den Veranstaltungen in die Ernststraße kommen.

Das Schöne am Kulturtreff ist überhaupt, dass das Programm in der Ernststraße so umfangreich und abwechslungsreich von den Machern gestaltet wird. Also danke an Reno Döring und seine fleißigen Mitarbeiter. Ich blättere nur einmal in den Programmen der letzten Monate, um meine Bonbons daraus zu suchen: Da war z.B. das Ehepaar Tennenbaum mit humoristisch-skurrilen Gedichten von Christian Morgenstern unter dem Motto „Über euren ganzen Kleinkram lach ich“ mit Musik aus dieser Epoche, gespielt auf dem Piano. An Abenden wie diesen kann man über alle Probleme der Welt von gestern und heute herzhaft lachen und die eigenen Sorgen einmal gründlich vergessen. Danach hatten wir dann einen mitreißenden Konzertabend mit dem Filmkomponisten Peter Gotthardt auf dem Klavier, dessen Lieder für den Film „Die Legende von Paul und Paula“ in der DDR zum Kult wurden. Er brachte uns die Konzertmeisterin und Schauspielerin Barbara Sadowski und ihre Violine mit, und beide begeisterten das Publikum mit bekannten und unbekannten Tänzen von „Csárdás bis Tango“. Dazu kann mir nur wünschen: Bitte ladet diese beiden Klassevirtuosen wieder einmal zu uns in die Ernststraße ein!

Am 3. Juni war der Schauspieler Alexander Bandilla bei uns zu Gast und hat uns die Geschichte von Reineke Fuchs und seinen erstaunlichen Erlebnissen mit seiner wunderbar klangvollen Stimme zu Gehör gebracht. Welch ein Genuss! Aber jeder unserer Gäste hat einen eigenen Geschmack und möglicherweise andere Vorlieben. So kommen viele besonders gern, wenn Abenteuererlebnisse mit den schönsten Fotos von Ursula Gapski oder auch von Hans Neumann auf dem Programm stehen und man schnell mal für zwei Stunden eine Reise in ferne Länder miterleben kann. Henne Neumann hat bereits 48 Länder mit dem Fahrrad bereist und uns immer wieder über seine nicht ganz so üblichen Erlebnisse staunen lassen. Nicht vergessen darf ich an dieser Stelle die besonderen Filmabende mit Irina Vogt, bei denen wir oft aufgefordert sind, unsere Filmwünsche zu äußern. Höhepunkte im kulturellen Leben in der Ernststraße sind die sechswöchig wechselnden Ausstellungen der verschiedensten Künstler. Zu den Eröffnungen haben wir schon viele Maler und Grafiker aus Treptow-Köpenick aber auch aus anderen Gegenden kennen gelernt. Leider kann ich hier an dieser Stelle nur zwei davon erwähnen, die mich besonders beeindruckt haben: So die Arbeiten von Rudolf G. Bunk, die 2011 ausgestellt wurden. Wir lernten das Werk eines Künstlers kennen, der in den Dreißigerjahren mit seiner Familie im alten Treptow für einige Zeit gelebt und gearbeitet hat, aber dann aus politischen Gründen in der Nazizeit nach Split emigrieren musste und den größten Teil seiner Schaffensperiode auch dort im ehemaligen Jugoslawien verbrachte. Er hat sehr schöne Bilder von der Adriaküste, aber auch aus der Zeit als Bühnenbildner in Split hinterlassen. Für seine Tochter Dr. Bojana Denegri aus Hamburg war es ein Bedürfnis, den ehemaligen Wohnsitz der Familie hier in Treptow zu besuchen und in historischer Umgebung eine Ausstellung mit vielen Werken ihres Vaters zu organisieren. Unvergessen bleibt für mich die Begegnung mit ihr und mit den Bildern ihres Vaters Rudolf G. Bunk. Aber vor kurzem war ich ebenso überrascht von der Tatsache, dass die Schöpferin und langjährige Zeichnerin der Abrafaxe in dem von so vielen Fans geliebten Comic-Heft „Mosaik“ seit 1959 eine Nachbarin in Treptow ist. Endlich gibt es nun bis zum 15. August hier in der Ernststraße, an ihrem Wohnort, die erste Personalausstellung ihres umfangreichen Oeuvres. Abrafax-Freunde, bitte unbedingt mit Kindern oder Enkelkindern hingehen, staunen und lachen!

Die Abende im Kulturbund werden auch gerne vom neu hinzugezogenen „Baumschulenwegern“ genutzt, um Kontakte zu knüpfen und sich über das kulturelle Leben in ihrer neuen Umgebung zu informieren. Gerne würde ich an dieser Stelle mehr über die ehemalige Hamburgerin Gisela Al Amily und über ihr künstlerisches Schaffen schreiben oder Jutta Rülander aus Würzburg, die ebenfalls ganz begeistert ist von unserem Kulturbund in ihrer neuen Heimat.

An dieser Stelle geht auch ein Dank im Namen aller Mitglieder und Gäste des Hauses an das Bezirksamt Treptow-Köpenick, das uns seit Jahren finanziell unterstützt, damit wir uns diese kulturelle Begegnungsstätte im Kiez auch leisten können. Jetzt bleibt mir nur noch, Sie herzlich einzuladen zum Sommerfest am 30. August, und das, um ein Doppeljubiläum zu begehen: Der Kulturbund Treptow hat nach seinem Umzug aus der Eschenbachstraße nunmehr seit 15 Jahren sein Domizil in dem Haus in der Ernststraße. Und der Kulturring in Berlin e.V., der es betreibt, feiert in diesem Jahr sein 20jähriges Jubiläum. Verraten sei nur so viel: es geht nicht um Brasilien, sondern um „tango argentino mit dem Quartett TANGO REAL”, einem international bekannten Tango-Ensemble. Und wie die Jahre zuvor werden landesspezifische Spezialitäten angeboten. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

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