Tradition in Trachten

Antje Mann

Ein neuer Partner im Bundesfreiwilligendienst – der Mitteldeutsche Heimat- und Trachtenverband

Irgendwann am Anfang des Jahres rief ein charmanter Mann mit einer sympathischen Stimme aus dem Land Brandenburg im Bildungswerk des Kulturrings an und erkundigte sich nach den Möglichkeiten des Bundesfreiwilligendienstes (BFD). Man kam ins Plaudern und nach einigem Hin und Her erinnerte ich mich, seinen Namen Koppehele, mit dem er sich zu Beginn des Gesprächs vorgestellt hatte, schon einmal gehört zu haben. Ja, genau, in Barth an der Ostsee im BFD-Bildungszentrum, da würde eine Verwandte arbeiten, die hätte ihm den Tipp gegeben, sich für seinen Verein um Bundesfreiwilligendienstplätze zu bemühen.

Gesagt, getan: Charles Koppehele, Vorsitzender des Mitteldeutschen Heimat- und Trachtenverbandes e.V. (MHTV) kümmert sich – gemeinsam mit anderen Mitgliedern – von Jüterbog aus um Heimat-, Volkstanz- und Trachtenvereinigungen in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg, ab 01.06.2014 nun auch mit Hilfe einer Bundesfreiwilligen. In der heutigen Zeit ist das kein leichtes Unterfangen, wo doch gewöhnlich Traditionen und Brauchtum im modernen Alltagsgetriebe wenig Platz eingeräumt wird. Umso mehr ist es dem Verband hoch anzurechnen, alte Bräuche, Volkstänze und Trachten zu pflegen und in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Der Verband fördert den Erfahrungs- und Meinungsaustausch sowie die Verbundenheit zwischen den Mitgliedsgruppen in der Region. Er vertritt die Interessen der Brauchtumsgruppen und Heimatvereinigungen. Gemeinsam mit anderen Akteuren organisiert er Trachten- und Brauchtumsfeste, wie zum Beispiel das Märkische Volkstanz- und Trachtenfest in Paaren/Glien während der jährlichen BraLa, der Brandenburgischen Landwirtschaftsaustellung, oder den bundesweiten „Tag der Tracht“. Im letzten Jahr erst war der MHTV Gastgeber des Deutschen Trachtentages, der größten Veranstaltung innerhalb des Deutschen Trachtenverbandes. Dieser fand in Lübbenau im Spreewald statt. Ebenfalls wurde im Jahre 2013 die sorbische Gruppe „Rubisko“, was so viel wie Halstuch bedeutet, mit der höchsten Auszeichnung des Deutschen Trachtenverbandes, dem Prädikat „Tracht des Jahres“, ausgezeichnet. Im Jahr 2012 nahm der Verband mit vier Gruppen an der zentralen Feier zur Deutschen Einheit am 3. Oktober in München teil, die unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten Joachim Gauck und der Bundeskanzlerin Angela Merkel stand. Viele seiner Mitgliedervereinigungen sind auf der „Grünen Woche“ in Berlin und anderen Veranstaltungen, wie z.B. dem „Brandenburg-Tag“, dem „Sachsen-Anhalt-Tag“ oder auf dem „Tag der Sachsen“ in ihren bunten Trachten zu sehen und zu bewundern. Zum Verband gehören z.Zt. 18 Vereinigungen mit ca. 500 Mitgliedern in der Region Mitteldeutschland.

Anfang Mai besuchte ich die BFD-Einsatzstelle, d.h. das Büro des MHTV in Jüterbog. Ich wurde herzlich empfangen und durfte die ausgestellten Trachten bewundern. Was für eine Mühe, Trachten nach historischem Vorbild anzufertigen. Die Röcke bestehen in der Regel aus mehreren Lagen Stoff, das Nähen der Hauben erfordert hohe Fingerfertigkeit. Spielzeugpuppen in Trachten werden von den Mitgliedern gern genutzt, um Kindern das Brauchtum näher zu bringen, z.B. bei Thementagen in Schulen.

Vor Kurzem habe ich der thüringischen Stadt Gotha privat einen Besuch abgestattet. Bei einem geführten Spaziergang zeigte der Guide auf eine gestaltete Parkfläche und Plakette in Erinnerung an die Europeade im Juli 2013, das größte folkloristische Kulturfestival des Kontinents, das zum 50. Mal in Gotha stattgefunden hat. Seit 1964 gibt es das Festival, gestaltet von Sängern, Tänzern und Musikanten, an wechselnden Orten in Europa. Im letzten Sommer war auch der Heimat- und Trachtenverband dabei, ein grandioses Erlebnis für die Mitglieder des MHTV, wie Charles Koppehele zum Abschluss meines Besuchs erzählte.

Auf der Rückfahrt nach Berlin dachte ich, Folklore wird ja oft ein wenig belächelt und für altbacken gehalten. Bei meinem Besuch des neuen Kooperationspartners des Kulturrings habe ich jedoch erlebt, wie wichtig es für viele Menschen ist, Traditionen auf diese Weise zu pflegen. Schön, dass dabei auch der Bundesfreiwilligendienst und damit der Kulturring als Träger im BFD Unterstützung leisten kann.

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