Erste Luftangriffe auf Karlshorst während des Zweiten Weltkrieges

Walter Fauck

Viele Neu-Karlshorster wissen nicht, dass der Bombenkrieg nicht nur die Berliner Innenstadt getroffen hat, sondern auch in Karlshorst allgegenwärtig war. Nach mehr als 70 Jahren lassen sich die Schäden und die Opfer für einen einzelnen Berliner Ortsteil nicht mehr sicher ermitteln. Es ist nur noch möglich, anhand der Sterbeunterlagen des Standesamtes Friedrichsfelde die ums Leben gekommenen Menschen sicher festzustellen. Damit ist diese Darstellung zu den Luftangriffen auf Karlshorst unvollständig, und das wird wahrscheinlich in der Zukunft auch so bleiben.

Am 25./26.8.1940 fand der erste englische Luftangriff auf Berlin statt. Er war die Antwort auf den am Tage zuvor erfolgten deutschen Luftangriff auf England. Der erste Bombenangriff mit größeren materiellem Schaden in Karlshorst fand am 7./8.9.1941, von 23:00 bis 3:54 Uhr statt. Für diesen Angriff auf Berlin setzten die Engländer 134 Bombenflugzeuge ein. Das war die höchste Anzahl von Maschinen, die die englische Seite für ihre Angriffe auf Berlin in den Jahren 1940/41 für eine Angriffsnacht in der Luft hatte. In der Treskowallee, in der Lehndorfstraße und der Wildensteiner Straße gab es Schäden durch Brandbomben. In der Stolzenfelsstraße gingen drei Sprengbomben nieder und in der Auguste-Viktoria-Straße ein Blindgänger im Garten, der später gesprengt wurde. Geräumt werden mussten die Häuser Stolzenfelsstr.10, Auguste-Viktoria-Str. 44 und die Andernacher Str. 1. Insgesamt 37 Personen wurden obdachlos und für einen Tag in der Schule Gundelfinger Straße untergebracht. (Die Hausnummern entsprechen dem Stand von 1941.) Bis zum Herbst 1943 verursachten die Luftangriffe auf Berlin noch verhältnismäßig geringe Schäden. Das änderte sich schnell mit dem Beginn der sogenannten „Luftschlacht um Berlin“ im November 1943. Bis zum Ende des Krieges bestimmten die Tag- und Nachtangriffe das Leben der Berliner Bevölkerung. Auch Karlshorst bekam das nur zu schnell zu spüren.Der Luftangriff auf Berlin vom 24. Dezember 1943 war der erste, der auch unter der Karlshorster Bevölkerung Opfer forderte. An diesem Nachtangriff gegen 3:00 Uhr waren etwa 100 bis 150 Flugzeuge beteiligt. Er richtete sich gegen Berlins östliche Stadtteile. In den Lichtenberger Ortsteilen wurden vor allem die Siedlungsgebiete mit Minen, Spreng- und Brandbomben belegt, heißt es im Lagebericht zu diesem Angriff. Insgesamt wurden allein bei diesem Angriff etwa 7.000 Menschen in Berlin obdachlos. Karlshorst hatte in dieser Nacht an zwei Stellen insgesamt 15 Tote zu beklagen. In der Müritzstr. 23 / Ehrlichstr. 59 starben 3 Menschen. In der Wandlitzstr. 23/24 fanden 12 Menschen den Tod. Zu den Opfern gehörten auch zwei polnische Melker, die als Fremdarbeiter in der Milchviehanlage des Grundstückes gearbeitet hatten. Auch die „Kaiserhäuser“ wurden bei diesem Bombenangriff zerstört.

Der Januar 1944 war dann der opferreichste für Karlshorst. Am 2. Januar 1944 traf eine Luftmine das Eckhaus Marksburgstraße / Junker-Jörg-Straße. Hier soll eine Hochzeitsgesellschaft ums Leben gekommen sein, die am nächsten Tag einer sog. Kriegstrauung beiwohnen wollte. Der Angriff am 27. Januar 1944 durch 200 bis 250 Flugzeuge erfolgte gegen 20:00 Uhr. Betroffen war der Süd-Osten von Berlin. In Karlshorst entstanden Schäden in der Ehrlichsraße, der Stühlinger und der Trautenauer Straße. In der Ehrlichstr. 3 kamen 15 Menschen ums Leben. In dem Schutzraum des Hauses hatten Nachbarn aus der naheliegenden Eginhardstraße und der Wildensteiner Straße Schutz gesucht.

Zwar stieg in der Folgezeit die Zahl der Luftangriffe, doch boten nun große öffentliche Bunker notdürftig Schutz für die Bevölkerung. In Karlshorst gab es zwei: in der Zwieseler Straße und der Sangeallee auf dem Gelände des heutigen Edeka-Marktes. Dazu noch zwei Flachbunker in der Waldsiedlung am Hegemeisterweg sowie zwei nebeneinander stehende Flachbunker an der Treskowallee / Triftweg, neben dem heutigen Lidl-Einkaufscenter. Die in Karlshorst untergebrachten Zwangsarbeiter durften diese Bunker nicht benutzen. Für sie gab es nur in der Nähe ihrer Baracken Splittergräben. Das annähernde Ausmaß der Zerstörung in Karlshorst zeigt der Ausschnitt aus der Bestandsaufnahme des ersten Berliner Nachkriegs-Magistrats zu den Kriegsschäden aus den Jahren 1945/48. Es ist bekannt, das dieses Kartenwerk die Schäden nur ungenau wiedergibt. Der Luftkrieg hat Angst, Leid und Tod über die Völker Europas gebracht. Möge es sich nie wiederholen.

Die Geschichtsfreunde suchen für ihre Arbeit Fotos aus Privatarchiven speziell auch über die Bombenangriffe und Zerstörungen in Karlshorst.

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