Die Welt der schönen Bilder – 50 Jahre CCB

Dr. Reinhardt Gutsche

„Du hast den Farbfilm vergessen, mein Michael!“ So seufzte in den 1970ern DDR-Jungstar Nina Hagen und verwies damit auf ein schon damals auch hierzulande weit verbreitetes und beliebtes Hobby, die Farbfotografie. Wer diesem Hobby besonders eifrig und ernsthaft frönte, der tat sich mit Leuten gleicher Passion zusammen und durfte sich „Amateurfotograf“ nennen. In Hunderten von Gruppen und Zirkeln fanden die Fotoenthusiasten organisatorische Plattformen für ihr Hobby, zumeist in den größeren Produktionsbetrieben, in Arbeitsgemeinschaften in Klub- und Kulturhäusern und in Schul-Fotozirkeln, aber auch unter dem Dach des „Kulturbundes“, wo sie die wohl mitgliederstärkste Sparte bildeten. In diesen Gruppen und Fotoclubs fanden die Mitglieder nicht nur die nötige logistisch-technische und sonstige materielle Unterstützung, sondern mussten dafür natürlich auch als Bedingung eine gewisse Kanalisierung und inhaltlich-ästhetische „Orientierung“ ihres Hobbys in Kauf nehmen. Von der staatlichen Kulturpolitik als eine Form der „Volkskunstbewegung“ aufgefasst und gefördert, wurde von den Fotoamateuren natürlich erwartet, als Bild-Chronisten die Schokoladenseiten des Lebens in der DDR zu dokumentieren. Als theoretische Anknüpfungspunkte für diese Art von Fotografie wurden die Traditionen der klassischen Arbeiterfotografie der 1920er und 1930er Jahre aufgeboten, aber überraschenderweise auch die um einen humanistischen Fotojournalismus bemühten Fotografen der Magnum-Schule. Dieser programmatische Rahmen zog einerseits gewisse Grenzen in der Wahl der fotografischen Sujets, der ästhetischen Orientierungsmuster und bildkünstlerischen Gestaltungsprinzipien, bot andererseits aber auch Spielraum für Versuchungen, diese Grenzen kreativ testend auszuschreiten und wenn möglich gelegentlich auch zu überschreiten.

Zu den ältesten und bekanntesten dieser Fotoclubs gehört seit den 1960er Jahren der „Color Club Berlin“. Er wurde 1963 auf Initiative des Kulturbundes gegründet und war zunächst am damaligen „Kreiskultuhaus Treptow“ in der Puschkinallee angedockt. Sein Spiritus rector und erster und – kaum zu glauben – noch heutiger Vorsitzender ist Gerhard Metzschker, der vom ersten Tag an die Geschicke dieses Clubs geleitet hat. Die ersten Klubabende waren zumeist fotografierte Reiseberichte, z. B. über Schweden, die Dolomiten, die französische Riviera, Griechenland, Bern, Madrid, Indonesien, den Hunsrück, den Rhein und Lübeck, sogar Brasilien und Indien. Wenige Jahre nach der Schließung der Grenzen 1961 dürften diese Klubabende nicht ohne einen gewissen subversiven Nostalgieeffekt gewesen sein...

Widmete sich die Mehrzahl der Amateurklubs in den Betrieben und im Kulturbund der Schwarz-Weiß-Technik und der Illustrierung der Arbeitswelt, war das Markenzeichen des „Color Clubs Berlin“ von Anfang an die Farbfotografie, genauer die Diafotografie. Dies hatte nicht zuletzt schlicht ökonomische Gründe: Farbfotos auf Papier war einfach zu teuer. Was als Erinnerungsabende an Urlaubsreisen begann, entwickelte sich nach und nach zu anspruchsvolleren thematischen Zusammenkünften, bei denen die nun Club-Mitglieder und ständigen Besucher eigene Kreationen zu vorher vereinbarten Sujets zur Diskussion stellten, wie „Wasser“, „Winter“ oder „Plastik und Blumen im Treptower Park“. Es folgten erste Beteiligungen an Wettbewerben wie der „bifota“ und der „Deutschen Farbfotoschau“. Sehr bald wurden Auslandskontakte geknüpft: Die erste Gastausstellung kam aus Prag und fand ausgerechnet in dem so spannenden Frühjahr jenes denkwürdigen Jahres 1968 statt.

Sehr bald hatte sich der „CCB“, der 1968 mit dem Köpenicker Colorclub fusionierte, zu dem Ostberliner Zentrum für die Amateur-Diafotografie entwickelt. Regelmäßig gewannen die Einsendungen von Arbeiten seiner Mitglieder an Wettbewerbe wie die Berliner „Farbige Palette“ oder die DDR-offene Leistungsschau „Malchower Farbfototage“ Preise und Diplome. Die Sujetpalette erweiterte sich allmählich und umfasste bald auch solche Themen, wie Akt, Portrait, Sport, Dampflokomotiven usw. Es folgten Beiträge für Fotobücher, Kalender, das Fernsehen, das „Handbuch der Fototechnik“ und den Schulbuch-Verlag „Volk und Wissen“.

Zum Markenzeichen des CCB entwickelte sich in den 1970er Jahren schließlich die audiovisuellen Dia-Schauen, die sog. Multivisionen. Zur Premiere im Mai 1970 wurden die Dias noch per Hand „geschoben“, später entwickelten Tüftler im CCB eigene Verfahren und Geräte zur automatischen Steuerung, was beim Entwicklungslevel der Mikroelektronik in der DDR ein abenteuerliches Unterfangen war. Aber der Club ließ sich von technischen Pannen, Pleiten und Rückschlägen nicht entmutigen. Mit der perfekter gewordenen Technik ging man auf Schau-Reisen, nicht nur kreuz und quer durch die DDR, sondern auch in die östlichen Nachbarländer. Es folgten zahlreiche Auftragsarbeiten für Rockkonzerte, politische Veranstaltungen, das Fernsehen, Theaterinszenierungen, Betriebskulturhäuser usw.

Die Gezeitenwende 1989/90 bedeutete natürlich auch für die Amateurfotografen des CCB eine tiefe Zäsur. Die Mitgliederzahl schmolz zunächst zusammen, die bisherige finanzielle Verankerung im Kulturbund zerriss, die technischen Bedingungen hingegen wandelten sich spürbar. Das klassische Dia verlor nunmehr an Bedeutung zugunsten des Farbbildes, dem sich erstmals 1991 im Köpeniker FEZ eine spezielle Ausstellung des Clubs widmete. Mit Kontakten zu Amateurfotografen-Vereinen in Kreuzberg und Zehlendorf wurde der CCB allmählich auch im früheren West-Berlin bekannt. 1994 folgte dann die Einladung zur „MEDIALE“ in Nürnberg, ein großer Erfolg für den CCB.

Wohl nicht ganz schmerzfrei verlief jedoch eine andere Wende, die Hinwendung zum Computer und zur digitalen Bilderzeugung und -bearbeitung, einer Technik, der sich nicht alle der „klassischen“ Analog-Fotografie verhafteten Mitglieder sogleich begeistert verschreiben mochten. Die Meisterung der neuen Verfahren verhalf dem sich allmählich auch personell gewandelten CCB und seinen Kollektionen zu neuen Ehren: mehrere Podestpreise auf den Deutschland-offenen „Sächsischen Fototagen“, ein Ausstellungsaustausch mit dem mehrfachen deutschen Fotoklubmeister FAC Kulmbach, Ausstellungsbeteiligungen in Irland, Frankreich, Italien u.v.m.

In der bezirklichen Kulturszene von Treptow-Köpenick hat sich der CCB als einer der mitgliederstärksten Berliner Amateurfotografen-Vereine also einen festen Platz erobert. Er verdankt dies nicht zuletzt der ungebrochen tatkräftigen Unterstützung durch den Kulturbund Treptow im Netzwerk „Kulturring in Berlin e.V.“, in dessen Kulturhaus in der Ernststraße in Baumschulenweg der CCB seit Jahren sein Domizil hat (Treffpunkt jeden 2. Montag 18 Uhr), sowie gelegentlichem Zugang zu den Fördertöpfen der dezentralen bezirklichen Kulturarbeit. Alljährlich präsentieren sich seine Mitglieder dafür mit neuen originellen Arbeiten im Köpenicker Rathaus. Zum 50. Vereinsjubiläum richtet die Fotogalerie Friedrichshain des Kulturrings dem CCB eine Geburtstagsparty in Gestalt einer Ausstellung aus.

(„Bilder und Botschaften“, 11. 10. bis 22. 11. 2013, Fotogalerie Friedrichshain, Helsingforser Platz 1, 10243 Berlin. Tel.: 030/296 16 84, fotogalerie@kulturring.org, geöffnet Di, Mi, Fr, Sa 14 bis 18 Uhr, Do 10 bis 18 Uhr. Vernissage 10. 10., 19 Uhr, Laudatio: Dr. Reinhardt Gutsche)

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