Freiwillig frei

Ingo Knechtel

seien viele Künstler in Berlin. Das jedenfalls meinte die SPD-Abgeordnete Sabine Lange dieser Tage im Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Und weil sie sich so entschieden haben – freiwillig – sei es schon in Ordnung, wenn sie weniger Geld bekommen als die im kommunalen Kulturbetrieb angestellten. Was ist das für eine absurde Logik? Immerhin handelt es sich um geschätzte 40.000 freie Künstler in dieser Stadt. Freiwillig frei? Hatten sie denn eine Wahl? Auch über den Umkehrschluss lohnt es sich nachzudenken. Sind „etablierte“ Künstler weniger frei in ihrer Kunstausübung? Ein CDU-Abgeordneter meinte, die Freien wollten den Etablierten einfach nur Geld wegnehmen, um schließlich so wie diese zu werden. Was für ein Hauen und Stechen! Dabei geht es um die Förderung von Kultur in dieser Stadt. Viele leisten für eine vielfältige, kreative Kultur ihren Beitrag, auch die sog. Freien. Und wenn ein ordentlich aufgestockter Haushalt – Berlin schließt nichts, Berlin verteilt – rund 400 Mio ausgeben will, aber davon nur 10 Mio für die freie Szene, dann fordert das Opfer, dann verstärkt das die Selbstausbeutung. Auch die Summen für die Kulturförderung in den Bezirken sind alles andere als üppig. Dass bei viel Förderungswürdigem eine Auswahl getroffen werden muss, ist klar. Welchen Stellenwert hat dabei die Auslastung von Häusern, die Akzeptanz durch das Publikum? Wo müssen soziale Akzente gesetzt werden? All das sind die Fragen, die nach ganz oben auf die Agenda der Politiker gehören. Dabei sollten sie nicht vergessen, dass es unser aller Geld ist, das sie verteilen. Das WIR entscheidet, hieß es doch so schön im Wahlkampf der letzten Wochen. Schon vergessen? Es könnten ein paar neue, auch kleinere Leuchttürme, gern auch in den abgelegeneren Bezirken, hinzukommen. Denn nur so wird die Stadt ihre Strahlkraft behalten.

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