MAL-HEURE – kein Malheur

Brigitte Berners

MAL-HEURE - Was ist das denn? „Volkskunstschaffen“ hieß das damals in der DDR, heute würde der Stadtsoziologe die Arbeit bezeichnen als „hervorragend angenommene und vernetzte immaterielle Infrastrukturmaßnahme in einem Wohnumfeld mit heterogener Bevölkerungsstruktur durch soziale und künstlerische Partizipation“.

Das sind wir! In der Tat, bei MAL-HEURE malen und zeichnen Junge und Alte, Laien und Profis, Berufstätige, Rentner/innen, Arbeitslose, Erwerbsunfähige, Schwerbehinderte, Gutsituierte neben sozial Benachteiligten. Wir sind aktiv, kreativ, umtriebig im (noch) sozial gemischten Norden Friedrichshains.

Unsere Künstlergruppe hat sich 1978 im Institut für Nachrichtentechnik in Oberschöneweide als Betriebsmalzirkel gegründet. Der Zirkel wurde aufgrund seiner Ausstellungen und Malaktionen auf Stadtteilfesten überregional bekannt. Mit der Wende folgte die Abwicklung des Betriebs. Aber die Gruppe wollte überleben, gründete den Kunstverein MAL-HEURE e.V. und fasste nach mehreren Umzügen im Bezirk Friedrichshain Fuß.

Die Aktiven der Anfangsjahre arbeiteten zeitweilig mit Jugendlichen und warben neue Mitglieder. Und es gelang wirklich: Eine gute Sache – in der DDR geboren – rettete sich über die Wende und blühte auf – nun ohne Betrieb und staatliche Unterstützung. Mit viel Engagement und freiwilligem Einsatz lebte die Grundidee weiter, es auch Menschen ohne professionelle Kunstausbildung zu ermöglichen, sich auf hohem Niveau künstlerisch aktiv zu betätigen. Und das weiterhin unabhängig von Stand und Geldbeutel.

Im Jahr 2009 vereinigte sich MAL-HEURE mit dem 1961 im Bezirk Friedrichshain gegründeten renommierten „Studio Otto Nagel“ und verhalf damit einer weiteren Gruppe mit DDR-Tradition zum Überleben. Der ganze Verein hat nunmehr an die 80 Mitglieder, wobei ca. 30 zu MAL-HEURE gehören.

Unser Vereinsleben ist rege: Wir treffen uns wöchentlich zum gemeinsamen künstlerischen Gestalten. Mehrmals im Jahr finden kleinere Exkursionen ins Umland statt und eine große – in diesem Jahr fahren wir z.B. nach Istanbul. Wir besuchen zusammen Ausstellungen, und ab und an gibt es auch etwas zu feiern.

Im Kiez sind wir gut vernetzt: Das Nachbarschaftszentrum RuDi bietet bei uns Kurse an, wir haben mit Einrichtungen in der näheren Umgebung feste Kooperationen – mit KommRum, Kirchen, dem Café Sibylle, Läden, mit der Wohnungsbaugenossenschaft Friedrichshain…. Wir machen Angebote, die auch Externen offen stehen, z.B. Collage- und Schmuckkurse. Im September sind wir das 4. Mal an der „Langen Nacht der Bilder“ beteiligt. Seit 2008 ist der Verein Mitglied im Kulturring in Berlin e.V.

Also MAL-HEURE ist wirklich kein Malheur, weder Missgeschick, noch Pechsträhne oder eine schlechte Stunde. Ganz im Gegenteil: Er lädt alle dazu ein mitzuwirken, kreativ und glücklich zu sein. Alle Aktivitäten findet man im Überblick auf unserer Homepage: www.mal-heure.de.

Den 35. Geburtstag hat MAL-HEURE gerade gefeiert, zwei Ausstellungen sind noch über den Sommer zu sehen: „Querbeet“ (03.06.- 16.09.) im KommRum, Straßmannstr. 17, 10249 Berlin, und „Florales“ (24.06.- 31.07.) im Café Sibylle, Karl-Marx-Allee 72, 10243 Berlin.

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