Saisonausklang auf Spanisch

Hartmut Gering

Alle Stammgäste wissen es längst: Die von Alina Martirosjan-Pätzold moderierten Salons – immer der Kultur und dem Kulinarischen eines speziellen Landes gewidmet – verweisen auf eine bereits langjährige Tradition im kulturellen Leben Lichtenbergs und Marzahn-Hellersdorfs. Denn mit Alina können die Besucher durch die ganze Welt jetten, ohne ihren Wohnort zu verlassen. Zum diesjährigen Saisonende lud sie an zwei Abenden zu einer Reise mit spanischem Kolorit ein, im Mai nach Argentinien, und im Juni in das „Mutterland“ Spanien selbst.

Als Folge der Kolonialisierung im 15. und 16. Jahrhundert ist auch heute das Spanische im größten Teil des südamerikanischen Subkontinents nicht nur in der Sprache präsent, sondern beispielsweise auch in der Kultur. Davon konnten sich die Besucher des hellen Salons unter dem Motto „Argentinien – Das Land des Tangos mal anders“ im Kulturforum Hellersdorf überzeugen. Denn die musikalische Reise führte diesmal in die Anden und deren Vorland um den Ort Salta im Nordwesten des Landes. Die Folklore der Anden ist ein klassisches Beispiel multikultureller Lebensart in Argentinien, wurde sie im Laufe der Zeit sowohl von spanischen Volksmusikstilen der Kolonialzeit, als auch Elementen indianischer Musik der Andenregion beeinflusst. Sogar schwarzafrikanische Einflüsse sind in der andinen Folklore zu finden.

Zur kulinarischen Einstimmung auf den Abend reichten die fleißigen „Kellner“ des Kulturrings Empanadas, das sind mit Hackfleisch gefüllte Teigtaschen, sowie einen pikanten Gemüsesalat.

Mit Gesang, Gitarre und anderen Instrumenten entfachten nun die in Berlin lebenden lateinamerikanischen Künstler Maximo Farah aus Argentinien und Alejandro Soto Lacoste aus Chile ein Feuerwerk folkloristischer Rhythmen ihrer Herkunftsländer. Aber auch populäre lateinamerikanische Musik, wie Lieder von Atahualpa Yupanqui, Violeta Parra oder Victor Jara, präsentierten die Musiker den Gästen.

Zu den traditionellen Instrumenten wie Klavier, Gitarre und Akkordeon gesellten sich an diesem Abend Instrumente lateinamerikanischer Herkunft, wie das Charango, ein kleines gitarrenähnliches Zupfinstrument der Andenregion, dessen Wurzeln in der bolivianischen Silberstadt Potosi, zu Beginn der spanischen Eroberung, vermutet werden. Schlaginstrumente wie Bongos und Congas verliehen dem musikalischen Sound die richtige Würze.

Diese wurde noch verschärft, als das Duo Augustina Navarro und Alejandro Acosta vor der Bühne des Kulturforums tanzte. Volkstänze mit so klangvollen Namen wie Zamba, Chacarera, Baguala, aber auch der Paartanz Cueca, zu folkloristischen Rhythmen, wie den Tonadas, boten dem zunehmend begeisterten Publikum auch optisch temperamentvolles lateinamerikanisches Lebensgefühl.

Echtes spanisches Kolorit dagegen empfing die Gäste im Saal des Humboldt-Hauses in Neu-Hohenschönhausen auf einem der von Irina Weisel im Saal ausgestellten Gemälde zum Thema „Stadtlandschaften“. An einem eher grauen Juniabend lud Alina Martirosjan-Pätzold ihre Gäste zum Hohen Salon „Spanien und der Flamenco“ ein. Gleich zum Auftakt des Abends ließen sich die Besucher im fast ausgebuchten Saal eine Paella, ein spanisches Reisgericht aus der Pfanne, schmecken, und als Nachtisch ein mit Himbeersoße garniertes fruchtig-cremiges Törtchen.

Den kulturellen Teil des Salons eröffnete der Sänger und Gitarrist Carlos El Canario.

Mit Gesang und Gitarre begleitete er Laura la Risa, eine in der Berliner Kulturszene hoch geschätzte Flamenco-Tänzerin. Dass sie sowohl folkloristische als auch traditionelle und moderne Tänze der andalusischen Flamenco-Kultur geradezu perfekt beherrscht, spürte das Publikum von Anfang an, was es mit zahlreichen Beifallsbekundungen „zwischendurch“ honorierte. Alle Hauptformen des Flamenco bot die Tänzerin an diesem Abend dar, erläut4ert von ihrem Partner Carlos El Canario mit kurzen Kommentaren. „Flamenco ist meist heftig, er kommt aus Andalusien. Aber auch Zigeuner, die sich in Spanien nieder gelassen haben, beeinflussten ihn“, meinte er zum Thema.

Es folgte eine „Solea por buleria“, ein frecher und meist schneller, schwungvoller und vor allem bei Tänzerinnen sehr beliebter Tanz zu fröhlichem Gesang. Und als „Rausschmeißer“ vor der Pause präsentierte Laura la Risa, sich selbst begleitend auf Kastagnetten, eine vierstrophige „Sevillana“, einen aus der gleichnamigen Stadt stammenden, zum Flamenco zählenden Volkstanz. Ursprünglich ein reiner Paartanz, zeigt er, „wie man eine Frau erobern kann – nämlich, in dem man Sevillana tanzt“, so der Kommentar El Canarios.

Gleich nach der Pause verführte er mit „Que viva España“, wohl einem der größten Hits Spaniens, zahlreiche Besucher zum Mitsummen, und Laura la Risa tanzte, in neuem Outfit, eine Farruca, eine Form des Flamencos, die traditionell nur von Männern getanzt wird. Zum Finale des Abends legte sie im roten Flamenco-Kleid und mit einem Fächer „bewaffnet“, einen „Fandango de Huelva“, einen Singtanz mit Kastagnettenbegleitung, auf die Bühne. „Chiquita y bonita“ (zu deutsch: zierlich und hübsch), so die Charakterisierung dieses Tanzes.

Ein wunderschöner Abend ging zu Ende, und es bleibt nur noch, auf den Auftakt der neuen Saison zu verweisen. Alina Martirosjan-Pätzold eröffnet sie bereits am 2. August 2013 im Kulturforum Hellersdorf, und stellt Belarus (zu deutsch: Weißrussland) vor. Am 23. August gastiert der Salon wieder in Hohenschönhausen, Thema: Algerien. Und am 27. September entführt Alina auf dem Carlshorster Salon ihre Gäste auf die andere Seite unseres Planeten, nach Neuseeland.

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