„Whistleblower“

Ingo Knechtel

nennt die englische Sprache einen Menschen, der Missstände an die Öffentlichkeit bringt. Wie ein Schiedsrichter mit seinem Pfiff auf einen Regelverstoß aufmerksam macht und einen Wettkampf stoppt, so deckt der Whistleblower Gesetzesverstöße, Korruption, Lügen und Machtmissbrauch auf. Die Öffentlichkeit soll diesem Treiben Einhalt gebieten, das ist sein Ziel. Für ihn ist es eine Gewissensentscheidung, die sogar sein Leben in Gefahr bringen kann. Je mehr ein Klüngel Machtbesessener die Welt mit Lügen und Betrug, mit grober Missachtung von Recht und Gesetz, mit Folter und Verbrechen zu beherrschen versucht, desto häufiger treten Whistleblower in Erscheinung. Kaum sind die wikileaks-Enthüllungen verarbeitet, hören wir davon, dass es eine nahezu flächendeckende Überwachung des Internets durch US-Geheimdienste und ihre Verbündeten gibt. In der Geschichte gab es schon immer Menschen, die mutig und ihrer tiefsten Überzeugung folgend, öffentlich machten, was geheim bleiben sollte, die sich mit Mahnungen und Warnungen Gehör verschaffen wollten. Nicht immer sind es Dokumente, die ans Licht gebracht werden, die z.B. bei „Watergate“ einen Präsidenten zu Fall brachten. Zur Zeit des Vietnam-Kriegs war es zum Beispiel den meisten Rundfunk- und TV-Stationen verboten, Jimi Hendrix mit seiner Version des Star-Spangled Banner, der US-Nationalhymne, zu spielen. Zu deutlich waren die Fliegerangriffe und Gewehrsalven zu hören, mit denen Unschuldige getötet wurden. Und eine Kopie von Picassos berühmten Anti-Kriegs-Kunstwerk „Guernica“ wurde 2003 im UN-Hauptquartier in New York auf Weisung der US-Regierung verhängt, als ihr Außenminister Powell irakische Massenvernichtungswaffen „aus dem Hut zauberte“. Die Herrschenden fürchten immer wieder die Macht der Worte, der Bilder, der Musik – nämlich immer dann, wenn damit die Wahrheit ans Licht zu kommen droht und ihre Machenschaften aufgedeckt werden. Es ist höchste Zeit, ein konzertiertes Whistle-Blowing anzustimmen.

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