Wundersame Beobachtungen mit dem Kamerazoom

Astrid Lehmann

Ingrid Landmesser hat in den vergangenen Jahren im und um das St. Elisabeth-Stift Geschichte in Form von Lebensgeschichten in Bild und Ton festgehalten. Hierbei entdeckte sie so manches Mal erstaunliche Fähigkeiten und Fertigkeiten der Bewohner und auch mancher Mitarbeiter des Stifts. Tagesabläufe der Bewohner und die Arbeit der Mitarbeiter wurden liebevoll zu Filmen „verarbeitet“. In den Veranstaltungen wurde „hausgemachter Kintopp“ gezeigt. Die Begeisterung war enorm.

Ingrid Landmesser dachte dabei auch an die nicht mehr sehr mobilen Bewohner, die die Umgebung des Elisabeth-Stifts nicht mehr erkunden können. Es wurde ein Kristall-Geschäft gefilmt oder aber der Film über den vom Kulturring organisierten KinderKunstTag im „Maxim“ gezeigt. Malanregungen und Diskussionsstoff konnte der Beitrag liefern. Es entstanden Filmbeiträge wie „Ich habe Kammern voll Gesichter“ über Gedichte einer Bewohnerin oder aber das dichterische Talent von Klaus Schulze vom Bewohnerbeirat, welches nicht nur am Rosenmontag zur Geltung kommt. Seine heiteren Verse in Reimen präsentiert er auch gern mal vor der Kamera. So bleibt seine Dichtkunst nicht mehr in der Schublade verborgen.

Eine 106jährige Bewohnerin erklärt z. B., was eine „Hungerharke“ oder ein „Dreschkasten“ sind und ist stolz darauf, einen Beitrag zum Film geleistet zu haben. Ingrid Landmesser durfte selbst die erzählte Liebesgeschichte eines Bewohnerehepaares im Film festhalten, die anlässlich ihrer diamantenen Hochzeit mit Begeisterung dabei waren.Das Musizieren kommt im Stift auch nicht zu kurz. Betreuungstherapeutin Andrea Pfundt schnappt sich ihr Akkordeon und studiert kurzerhand für die Filmaufnahmen mit den Bewohnern ein passendes Volkslied ein. Frau B. hat in kräftigen Farben die Meisen vor ihrem Fenster gemalt. Mit Bleistift hat sie vorgezeichnet und dann farbig ausgemalt. Mit bescheidenem Stolz sieht sie die Entstehung ihres Werkes auf der Leinwand, und die Zuschauer im Stift sehen, welch malerisches Talent in ihr steckt. „Tierisch“ geht es ebenfalls im Stift zu. Wer es nicht glauben will, dass Ziegenbock „Ernie“ vom Tierhof Marzahn regelmäßig beim Streicheln einschläft, kann das im Film beobachten. Und wer verpasst hat, „Wenn’s dem Esel zu wohl ist...“ zu sehen, der erlebt Esel „Hugo“ unter den Bäumen im Garten des St.Elisabeth-Stift, wie er mit lautem I-A die Kinder vom benachbarten Kindergarten „Am Hirschhof“ begrüßt und auch sonst seine pure Lebensfreude austobt. Ein minutenlanges, fast regloses „Zwiegespräch unter Männern“ kann man zwischen Hahn „Johann“ und einem Bewohner im Rollstuhl beobachten. Wer von wem fasziniert ist, lässt sich für den Zuschauer nicht feststellen.

Vor kurzem erreichte den Kulturring ein herzlicher Dank des Stifts, der jedoch auch mit Wehmut gepaart war, denn Ingrid Landmesser hat die Altersrente erreicht. Sie selbst bedankt sich beim Vereinsvorstand für „sieben Jahre vielfältige Kulturarbeit, sieben Jahre engagiertes Kulturleben, sieben Jahre soziale Netzwerkverbindungen“. Sie fühlt sich angeregt durch die Aufforderung, sich einzumischen, im Verein mitzumischen. Und so stellte sie kürzlich den Antrag, „meine bislang ‚nur’ gelebte und gefühlte Zugehörigkeit zum Kulturring durch eine ordentliche Mitgliedschaft zu festigen“. Viele Ideen trägt Ingrid Landmesser mit sich herum. Und flugs ergriff sie die Möglichkeit, im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes Kultur diese auch beim Kulturring voranzutreiben und zu verwirklichen. Die Bewohner des St. Elisabeth-Stifts wird es freuen. Ihre Mail an den Vorstand titelte Ingrid Landmesser „Danke für meine Projektarbeit“ und sagte dem Verein danke. Danke, Ingrid Landmesser, für dieses wundervolle, Freude stiftende Wirken und viele gute Ideen für die Zukunft!

Archiv