Vertrauenssache

Ingo Knechtel

ist es allemal, wenn man vom Arzt ein Medikament verschrieben bekommt, liest auf dem Beipackzettel – leicht schockiert – von Risiken und Nebenwirkungen und soll dann trotzdem die mehr oder weniger bitteren Pillen schlucken. Gibt es eigentlich noch den Arzt meines Vertrauens, wenn ich weiß, dass die Pharmavertreter ihn mit Warenmustern – und nicht nur damit – versorgen? Sich Illusionen über die Beweggründe der Pharmakonzerne zu machen, ist sicher müßig. Die Unternehmensgewinne und gar manche Skandale à la Contergan sprechen für sich. Als Verbraucher bin ich auch mehr als verunsichert angesichts der jüngsten Betrügerein bei Tiefkühlprodukten und Bioeiern. Überall zählt nur noch der Profit. Für mich ist aber eine Sache klar: Ich werde mich nicht wehrlos dem „Schicksal“ ergeben und einfach mal keine Bioeier mehr essen, weil es ja sowieso egal ist. Wir alle können und müssen uns entscheiden, wie wir leben wollen, was wir von der Gemeinschaft erwarten und was wir zu geben bereit sind. Die notwendige Ehrlichkeit des Einzelnen schafft Glaubwürdigkeit. Die vermissen wir bei weiten Teilen der Wirtschaft – ob nun Finanzwirtschaft oder Großkonzerne –, aber auch die Politik hat sie weitestgehend verspielt, denken wir nur an die Fälle Wulff, Guttenberg und Schavan. Wer ehrlich ist, braucht Transparenz nicht zu fürchten. Die heutige Zeit bietet viele Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu erregen. Da sind wir alle gefragt. „Lebenswelten“ zum Beispiel lautet das Motto unserer diesjährigen Langen Nacht der Bilder. Künstler lassen sich inspirieren, spiegeln das Leben in seiner Komplexität und sparen nicht an Mahnungen und Kritiken. Aber nicht nur sie dürfen das. Bürgerengagement weckt bürokratische Schläfer und gewinnt vielleicht auch sie zu mehr Bewegung. Das Vertrauen in die eigene Kraft macht selbstbewusst und kann auch andere mitreißen. Darauf können Sie vertrauen.

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