Alles ist im Fluss – Der Kulturführer Berlin online

Dr. Oliver Noetzel

Wo sich einst Lebensmittelregale und Kühltheken befanden, stehen nun eine selbst gebaute Bar, verrostete Werkzeuge und Metall-skulpturen. In der Ecke wurde eine Theaterbühne für das hauseigene Schauspielerensemble installiert, und für die gemeinsamen Fernseh-abende stehen die alten Sessel aus dem Tacheles-Kino und eine Leinwand bereit. Seit diesem Jahr gibt es mit dem „Kulturhaus Treptopolis“ in Berlin-Baumschulenweg ein neues Kulturzentrum der ganz besonderen Art. Der frühere HO-Laden und spätere Kaiser’s Supermarkt wurde von einem ehemaligen Künstler des Tacheles gekauft und entwickelt sich allmählich zu einem Ort der Begegnung und Werkstatt für Galerie, Kino, Bar, Konzerte, Lesungen und Ausstellungen von Künstlern, die sonst nirgends ausstellen können. Jugendliche können hier kickern und sogar ihre Fahrräder reparieren.

Diese und zahlreiche weitere Kultureinrichtungen im Bezirk Treptow-Köpenick werden seit April d.J. von einem zehnköpfigen Projektteam des Kulturrings in Berlin e.V. im Rahmen einer Beschäftigungsmaßnahme aus Mitteln des bezirklichen JobCenters aufgenommen und als Fortschreibung des schon seit einigen Jahren online existierenden „Kulturführer Berlin“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Vorrangiges Ziel ist die Entwicklung und Stärkung der kulturellen Infrastruktur, die auch den Bewohnern des Stadtbezirkes und Touristen zugute kommen soll. Die Hauptstadtmetropole zeigt hier sichtbar, was sie kann und was sie hat: eine üppige Kulturlandschaft in grünen und wasserreichen Stadtteil-Oasen schönster Lage, die eine Reise wert sind.

In ihrer Arbeit erfassen die ProjektmitarbeiterInnen, die aus den verschiedensten Berufszweigen kommen durch Online- bzw. Vor-Ort-Recherchen die nötigen Informationen für eine Datenbank, in der u.a. kulturelle Zentren, Projekte und Einrichtungen mit relevanten Suchangaben sowie Kurzporträts und Fotodokumentationen erfasst werden. Zu den Schwerpunkten gehören hier die Bereiche: Bildende und Darstellende Kunst, Musik, Film/Video/Foto, Kulturzentren, Kurse und Workshops, Literatur, Museen und Ausstellungsorte, Serviceadressen, Soziokulturelle Projekte und Unterwegs. Nach persönlichem Besuch und Befragung der in Frage kommenden Einrichtungen findet dann eine Schlussredaktion statt, und die Datensätze können schließlich online freigegeben werden.

Insgesamt ist dies ein recht zeitaufwändiges und anspruchsvolles Vorhaben in einem riesigen Stadtgebiet von Alt-Treptow bis nach Alt-Schmöckwitz, das sich jedoch für den Verein wie auch die beteiligten Mitarbeiter auszahlt. So hat fast jede(r) ProjektteilnehmerIn in seinem oder ihrem persönlichen wohnlichen Umfeld den einen oder anderen neuen Kulturstandort (s. Treptopolis) für sich neu entdeckt und seine Ortskenntnisse damit erweitert. Der Teamgeist und die gute Kommunikation untereinander haben ferner bei dem einen oder der anderen zu einer Stärkung des Selbstbewusstseins geführt und das Gefühl gegeben, etwas Nützliches für die Gemeinschaft zu leisten. Der Verein unterstützt damit insgesamt auch die Daseinsfürsorge der Bürger im sozial- und kulturpolitischen Zusammenhang ( „Mit Kultur der Krise trotzen“).

Die Online-Struktur des Kulturführers hat sich in der Praxis für die interessierten Internetnutzer als sehr bedienungsfreundlich gezeigt. Durch die übersichtliche Darstellung der einzelnen Kategorien und des ausgesuchten Bezirkes kann man nach Aufruf der Webseite (www.kulturfuehrer-berlin.de) mit nur zwei PC-Mausklicks schnell die wichtigsten verfügbaren Angebote sichten und auswählen. Die Besucher können somit auf einen Blick ihre persönlichen Highlights herausfischen und auch das umfassende Angebot von A-Z kennenlernen, das ständig ergänzt und aktualisiert wird. Alles bleibt also im Fluss.

Zu einem späteren Zeitpunkt ist dann noch die Weiterführung des „Kulturführer Berlin“ als Print-Ausgabe angedacht. Hier erschien u.a. bereits 2006 eine reich bebilderte Broschüre für Tempelhof-Schöneberg, die zur großen Kul-Tour eingeladen hatte.

Es bliebe zu wünschen, diese Erfolgsgeschichte dann auch für den vielleicht schönsten Berliner Bezirk Treptow-Köpenick fortsetzen zu können.

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