Platz für Menschen

Gerhard Metzschker

Eindrücke vom Monat der Europäischen Fotografie in Italien

Jedes Jahr im Mai präsentieren in Reggio Emilia und im Umland vorwiegend italienische Fotografen mit Rang und Namen sowie einige einheimische Fotoklubs ihre aktuellen Arbeiten bzw. Kollektionen. Diese ehrgeizige Großveranstaltung, deren hoher Anspruch sich bereits in ihrer Bezeichnung definiert, findet landesweit eine starke Beachtung und lockt Fotointeressierte, Studenten, Journalisten und Medienwissenschaftler in die zahlreichen Ausstellungen.

Der Colorclub, der Fotoklub im Kulturring in Berlin, war nun zum zweiten Mal in Folge zur Teilnahme durch Vermittlung unseres Partnerklubs eingeladen, der Fotogruppe im Kunstverein Circolo degli Artisti aus Reggio Emilia, die in Berlin durch mehrere Ausstellungen im Rathaus Köpenick bereits bekannt ist. Die beiden Klubs stellten zum Thema „Piazza d`uomo“ (Platz für Menschen) zeitgleich in der Stadt Luzzara im ehemaligen Augustinerkloster, heute Museum mit erstklassigen Ausstellungsräumen, ihre Arbeiten vor. Auf der sehr gut besuchten Vernissage am 5. Mai 2012 wurden die beiden angereisten Berliner Fotografen herzlich vom neuen Präsidenten des Circolo, Enrico Manicardi, und weiteren Vertretern der Kulturszene begrüßt.

Der ursprünglich von italienischer Seite unterbreitete Themenvorschlag „Agora“ hätte einen engen Zuschnitt auf den klassischen Marktplatz als Versammlungsort und Kommunikationszentrum für die Bürger begründet, in den ländlichen Bezirken in Italien durchaus noch typisch. Das Thema erwies sich für die gewünschte Darstellung der Berliner Szene in der kurzen Zeitspanne als zu schwierig und unergiebig. Unsere Gastgeber äußerten ihr Verständnis und modifizierten im Januar 2012 das Thema mit Empfehlungen für die erwarteten Inhalte. Neben der individuellen Bürger-Kommunikation sollten jetzt auch Motivbereiche berücksichtigt werden, in denen Menschen sich öffentlich versammeln, sozial oder politisch engagieren oder bei kulturellen und sportlichen Veranstaltungen Anteil nehmen, unabhängig vom Ort des Geschehens in Berlin. Die Bewältigung dieser Aufgabe verlangte ein überaus starkes, thematisch untersetztes Engagement aller Mitglieder, in kürzester Zeit neue Fotos zu erarbeiten und das Archivmaterial zu recherchieren, denn die ehrenvolle Einladung sollte mit einer hohen Bildqualität bestätigt werden.Die Bildvorlagen wurden im April mit allen Klubmitgliedern debattiert. Man war von den aussagestarken Bildern begeistert und freute sich über das sehenswerte Resultat der Projektarbeit. Besonderer Dank wurde Hellmut Hubmann zuteil, der mit 35 Fotos das Fundament geschaffen hatte. Man war sich aber einig, dass nur das Bild und nicht die Anzahl der je Autor zugearbeiteten Fotos als Auswahlgrundsatz für die Ausstellung dienen sollte. Schließlich wollten wir das Bildmaterial in voneinander abgrenzbaren thematischen Teilbereichen unabhängig von der Urheberschaft darstellen. Die Bildmenge wurde auf etwa 75 Arbeiten von 16 Autoren unter Absicherung der inhaltlichen Gestaltung reduziert. Leider musste vor Ort der Umfang unserer Kollektion aus Platzgründen schweren Herzens noch einmal auf 65 Bilder bei gleichbleibender Autorenzahl verringert werden.

Die Ausstellung beider Klubkollektionen in Luzzara lebte nun deutlich vom Unterschied in der Gestaltung, denn die Kollektion des Circolo war wie stets ausschließlich auf die Autoren mit eigenen Bildabschnitten orientiert. Damit bestimmten variierende Bildzahlen, sehr verschiedene Handschriften sowie individuelle, thematische Interpretationen das Gesicht der italienischen Kollektion. Ein gut gestalteter Katalog, der auch typische Bilder unserer Kollektion herausstellt, sowie die auf den örtlichen Plakaten und in der Tageszeitung berücksichtigten Fotos runden den insgesamt hervorragenden Gesamteindruck ab.

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