Die lachenden und weinenden Augen

Astrid Lehmann

Geburtstagsfeiern war angesagt im Medienpoint in der Bismarckstraße. Wie letztes Jahr wollten die Medienpointler zeigen, dass sie noch da sind und ihren vierten Geburtstag mit Gästen und guter Laune begehen. Viel Spaß bereitete beim letzten Sommerfest ein durch die Mitarbeiter vorbereitetes Quiz, mit dessen Neuauflage sich u.a. Silke Hennig und Gabriela Seifert beschäftigten. Für diejenigen, die alle Fragen richtig beantworteten, war ein Griff in ein Lostöpfchen geplant. Für Preise sorgten Mitarbeiter und Spender. Gut, dass die Kulturringband, nun unter dem Namen „4D“, sich nicht lange von Rosemarie Steinkühler bitten ließ und mit ihrem Auftritt für gute Stimmung sorgte.

Wichtig ist nicht nur, dass ein Fest ausgerichtet wird – es sollen ja auch Gäste kommen und rechtzeitig informiert werden. Zuallererst erfuhren es natürlich die Kunden des Medienpoints, dass der 27. Juli ein besonderer Tag war. Auch Briefe an Vertreter des Bezirksamtes und des Jobcenters wurden verfasst, damit auch dort daran erinnert wird, dass hier eine kulturelle und soziale Einrichtung mit Engagement arbeitet und dies auch weiterhin tun will.

Nachdem der Juli uns bis zu diesem Datum oft mit Regen „verwöhnt“ hatte, wurde der Feiermittwoch ein wunderschöner Tag. Die Sonne schien, und die selbstgebastelte Dekoration leuchtete schon von weitem. Gäste kamen und gingen, sie sahen sich um und informierten sich, manch einer freute sich über die Preise, und in vielen Gesprächen schwang die Sorge um den Erhalt der Einrichtung mit. Die Spannung stieg schließlich, als die Band „4D“ ihre Technik aufbaute und die Instrumente stimmte. Eddie, Morris und Chloe brachten einen bunten Strauß jazziger und rockiger Titel. Viele Passanten blieben stehen, Hausbewohner lockte es aus den vier Wänden. Ein kleiner Imbiss, liebevoll von den Mitarbeitern des Medienpoints vorbereitet, rundete das Programm ab.

Leider konnte nicht jeder so unbeschwert mitfeiern. Zu den Gästen zählten auch zwei Vertreterinnen des traditionsreichen Künstlerhofs Alt-Lietzow 12. Seit mehreren Jahrzehnten sind dort Künstler aus unterschiedlichen Bereichen tätig und bieten Möglichkeiten an, sich in Malkursen, Seminaren, Musiksessions, bei Coaching und künstlerischen Therapien der eigenen Kreativität zu widmen. Hinzu kommen Ausstellungen, Lesungen, Konzerte, Theateraufführungen und Hoffeste, die immer gut besucht sind. Mit großer Eigeninitiative wurde der Hof in eine grüne Oase verwandelt. Hier wirken MalerInnen, FotokünstlerInnen, Instrumentenbauer, Schriftsteller, Keramiker. Brigitte Arndt arbeitet seit 26 Jahren in Alt-Lietzow und ist die Gründerin des Künstlerhofs. Sie hat bereits 2001 ein Konzept für den Hof als Kultur- und Kommunikationsort vorgelegt und versucht seitdem, dies zu verwirklichen. Nun sehen die Nutzer all das in Gefahr. Regina Liedtke zum Beispiel betreibt auf dem Hof eine Praxis für kreatives Gestalten, Therapie und Supervision. Sie berichtet, der Bezirk habe – ohne zuvor mit den Betroffenen zu sprechen oder sie zu informieren – das Grundstück und das Haus an den Liegenschaftsfonds übergeben. Nun steht es zum Verkauf. Auch die gültigen Mietverträge können die Nutzer nicht beruhigen. Mit einer Laufzeit von meistens drei Monaten bieten sie kaum Sicherheit. Es gibt keine Nutzungsbindung, so dass zu befürchten ist, dass ein Investor schon bald seine „Träume“ hier verwirklichen kann. Die Künstler setzen sich zur Wehr, sie appellieren an Politiker und die Öffentlichkeit, alles dafür zu tun, diesen Standort zu erhalten. Für Unterstützung jeder Art sind sie dankbar. Weitere Informationen findet man im Internet unter altlietzow12.wordpress.com.

So trafen sich an diesem Tag lachende und weinende Augen und zeigten das Leben, so wie es ist. Schnell stand die Frage im Raum: Wer kann sich schon richtig freuen, wenn es dem Anderen schlecht geht? Und deshalb sind die freudigen Anlässe immer auch Gelegenheiten, um in solidarischer Verbundenheit über gemeinsame Aktionen und Projekte nachzudenken. Nur so funktioniert es: Das Berlin-Verstehen!

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