Der Tag des offenen Denkmals findet in Berlin am 10. und 11. September zum Schwerpunktthema „Romantik, Realismus, Revolution – Berliner Erbe“ statt. Der Kulturring ist gleich mit zwei Angeboten in Lichtenberg vertreten.(Programm unter: www.stadtentwicklung.berlin.de )
Zum einen wird mit der Führung durch die Waldsiedlung Lichtenberg in Karlshorst eine gute und beliebte Tradition fortgesetzt. Die Siedlung wurde vom bekannte Architekten Peter Behrens in mehreren Abschnitten zwischen 1919 und 1929 entworfen und gebaut. Dabei hielt er sich eng an die Grundsätze des Werkbundes und des Gartenstadtideals. Die Führung wird von Jürgen Weyda von den Geschichtsfreunden Karlshorst geleitet, der selbst ein Haus in der Waldsiedlung bewohnt. So entsteht ein authentisches und aktuelles Bild über die Entwicklung dieses speziellen Wohngebietes in den letzten Jahren. Gleichzeitig können alle Fragen kompetent und aus erster Hand beantwortet werden. Treffpunkt ist am Samstag, um 10 Uhr Liepnitzstraße / Ecke Hegemeisterweg.
Zum anderen steht ebenfalls am Samstag die unter Denkmalsschutz stehende Villa Skupin in Berlin-Lichtenberg, John-Sieg-Straße 13, zur Besichtigung offen. Das Haus beherbergt seit 35 Jahren die Werkstattgalerie Studio Bildende Kunst. Neben der laufenden Ausstellung mit Druckgrafik und Zeichnungen von Ekkehard Bartsch zum Thema „Europäische Landschaften“ ist es möglich, einen Blick in die reich mit Stuckverzierungen versehenen Räume des Gebäudes zu werfen. Der Fleischfabrikant Paul Skupin ließ dieses Haus in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts im modernistischen Stil der Art déco erbauen.
Eingeladen wird in der Zeit von 14.00 – 18.00 Uhr zu Gesprächen und Rundgängen durch das Haus. Historische Fotos und Dokumente werden gezeigt, und eine Power-Point-Präsentation vermittelt den Besuchern die Geschichte der Villa noch näher.
Einen völlig anderen Charakter trägt das Umfeld der Villa Skupin, das von Wohnbauten der 1970er Jahre geprägte Gebiet südlich der Frankfurter Allee. Die Villa ist gewissermaßen ein Überbleibsel der ursprünglichen Bebauung. An der damaligen Wartenberg- und Tasdorfer Straße waren Ende des 19. Jahrhunderts Arbeiterwohnquartiere für die Beschäftigten der aus der Stadt Berlin strebenden neuen Industrieansiedlungen entstanden. Dazwischen entstanden Gewerbebetriebe und eben auch einzelne „bessere“ Fabrikanten-Wohnhäuser.
Viel war davon 1945 nicht mehr übrig. Nur noch Reste der bürgerlichen Bebauung, insbesondere an der Frankfurter Allee, hatten überlebt. Weggesprengt von den Bomben des 2. Weltkrieges, bot das Gebiet lange Zeit eine äußerst lückenhafte Bebauung. An der Wartenberg- und Tasdorfer Straße gab es noch zahlreiche Wohnungen mit miserablem Komfort (Stube und Küche – Toilette eine Treppe tiefer), nicht mehr sanierungswürdige „Auswohnobjekte“, dazwischen Kleingewerbe, weiter östlich ausgedehnte Holzplätze, am Verbindungsweg Kleingärten. Bezeichnungen wie „Rot-Röselein“ und „Märtensruh“ zeugen von der damaligen Idylle. Am Ende des Krieges und noch einige Zeit danach wurden die Lauben oft zur einzigen Zufluchtstätte für ausgebombte Berliner. In zahlreichen Bauanträgen, welche im Lichtenberger Bauarchiv vorliegen, wird um die Genehmigung gebeten, die Laube als Ersatz für die ausgebombte Wohnung auszubauen. Der Not gehorchend, wurde dem zugestimmt. Bei der Räumung von „Märtensruh“ und „Rot-Röselein“ im Jahre 1967 gab es noch 14 Dauerbewohner.
Überlegungen, das Gebiet an der Frankfurter Allee in Lichtenberg neu zu bebauen, gab es bereits sehr früh. Dabei spielte die Bedeutung der Frankfurter Allee als Hauptmagistrale stadtauswärts in Richtung Frankfurt/Oder immer eine wesentliche Rolle. Die „Bauplanung Frankfurter Allee“ stand z.B. in den Sitzungen des Bezirksamtes 1946 fortwährend zur Debatte, dabei wurde mehrfach hervorgehoben, dass die „Schaffung von Wohnraum im Vordergrund“ stünde und die „Planung größerer Neubauprojekte zur Behebung der Wohnungsnot notwendig“ seien (LAB, Rep 147, Nr. 024, Niederschrift über die Bezirksamtssitzung am 4.3.1946). Sicher war die Zeit für größere Vorhaben damals noch nicht reif, deshalb dauerte das Projekt dann doch länger.
Erste Planungen für eine komplexe Neubebauung des gesamten Gebietes finden sich Mitte der 1950er Jahre. Die Vorstellungen darüber, „was“ und „wie“ gebaut werden sollte, wandelten sich mehrfach im Laufe der Zeit. So ging man erst davon aus, zunächst den Bereich westlich der damaligen Pfarrstraße (heute Schulze-Boysen-Straße) zu bebauen. Später weitete sich das Bauprojekt bis zur Buchberger Straße aus. Straßen wurden geplant und wieder verworfen, Pläne für Kulturstätten wurden aufgestellt und wieder fallen gelassen… Die 10. Ordentliche Sitzung des Berliner Magistrats am 23. April 1970 bestätigte schließlich die „Bebauungsstudie des Investitionskomplexes Frankfurter Allee-Süd im Stadtbezirk Lichtenberg“. Es war soweit, Baufreiheit wurde geschaffen, die meisten alten Gebäude weggesprengt (die Villa Skupin blieb), Kleingärten beräumt und von 1971 bis 1975 das heutige Wohngebiet Frankfurter Allee Süd aufgebaut.
Am 19. September 2011, um 15.30 Uhr, wird unter dem Thema „Frankfurter Allee Süd – weggesprengt und aufgebaut“ anhand zahlreicher Fotos und Dokumente die Entstehung des Wohngebietes nachvollzogen und mithilfe historischer Karten Planungen sowie Veränderungen in der Bebauungs- und Straßenstruktur im Territorium dokumentiert.