Es boomt

Ingo Knechtel

auf dem Arbeitsmarkt, hört man jedenfalls die Regierung jubeln. Viele der neu entstandenen Jobs sind zwar so niedrig bezahlt, dass es für die Arbeitnehmer einer Aufstockung mit Hartz-IV-Mitteln bedarf, damit ihr Existenzminimum gesichert ist, aber dafür freut sich der Unternehmer, dass seine Risiken vom Staat mittels einer Lohnsubvention abgemildert werden. Gut ausgebildete Fachkräfte fehlen jedoch; sie sollen ins Land geholt werden. Immer weniger wird darüber nachgedacht, wie die schon lange nach Arbeit Suchenden „fit für den Markt“ gemacht werden. Was hierbei sichtbar wird reicht von Desinteresse bis Hilflosigkeit. Dem entsprechend fehlen auch die richtigen Instrumente, um an die Wurzeln der Probleme vorzudringen. Stabilisierung und erfolgreiche Integration schafft man nicht mit 6-Monats-Maßnahmen auf dem sog. zweiten Arbeitsmarkt. Meistens erfordert es mehrjährige intensive Zuwendung und Begleitung unter Bedingungen annähernd richtiger Arbeitsverhältnisse, ohne Gängelung des Einzelnen durch die Jobcenter. Solche mehrjährigen Projekte sind aber immer seltener, und so wird eine insgesamt schon frustrierende Situation noch schlimmer. Besonders hart wird es, wenn die so Betroffenen Phänomenen wie Sorglosigkeit und Überheblichkeit – nach dem Motto: mir würde so was nie passieren – begegnen. Oder wenn bestimmte Zeitgenossen meinen, sie müssten sich dem äußeren Erscheinungsbild kritisch nähern oder aber mit ihrem Gutmenschentum Hilfe geben wollen, ohne sich aus der eigenen Selbstgefälligkeit herauszubewegen. Viele Jahre interessanter Projekte haben mir gezeigt, wie fatal es ist, solchen Vorurteilen auf den Leim zu gehen. Vielmehr freue ich mich, mit welcher Begeisterung und welchem Engagement unsere Mitarbeiter versuchen, kulturelle Projekte, regionalgeschichtliche Forschungen, Bastel- und Lesestunden für Kinder und vieles mehr umzusetzen. Das nötigt Respekt ab und verdient Dankbarkeit. Und es macht zugleich zornig, sieht man die andauernde Ausgrenzung und die Diskriminierungen. Aber auch entschlossen, nachdrücklich dagegen aufzutreten.

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