KulTour: Eine Zeitreise um den Pankower Dorfanger

Lutz Wenzel, Diana Schmied

Dieser Tipp für eine KulTour führt in kürzester Zeit durch mehrere Jahrhunderte Pankow. Um den alten Dorfanger reihen sich eine Vielzahl von historischen Gebäuden und Parkanlagen, die einen Einblick in die preußische und deutsche Geschichte geben. Lassen Sie uns einen kleinen Teil von Pankow entdecken und erleben.

Wir verlassen den S-Bahnhof Pankow und gehen zur Breiten Straße. Rechts, in der Breiten Straße Nr. 45, sehen wir das Kavaliershaus. Gebaut um 1750, bekam es seinen Namen aufgrund der Tatsache, dass einigen Günstlingen des nahen Schlosses Häuser dieser Art gebaut wurden. Später lebte hier die Familie des Schokoladenfabrikanten Hildebrandt. 1866 erworben, blieb es bis zum Jahre 1938 Eigentum der Hildebrandts. Die Vorderfront des im Landhausstil errichteten Hauses beeindruckt durch überlebensgroße Putten. Die um 1757 geschaffenen Skulpturen (Gottfried Knöffler 1725-1779) befinden sich im Bodemuseum. Sie wurden durch Kopien ersetzt und stellen die Gemütsbewegungen der vier Temperamente dar. Heute dient das Kavaliershaus als Ort für Ausstellungen, Lesungen und Konzertaufführungen.

Ca. 50 m weiter, gegenüber der Caritas-Klinik „Maria Heimsuchung“, lädt der Amalienpark zum Verweilen ein. Benannt nach der Prinzessin Anna Amalie von Preußen (1723-1787), die als Äbtissin des protestantischen Stiftes von Quedlinburg tätig war, wurden der Park und seine Bebauung wesentlich durch den Geheimbaurat Otto March (1845-1913) geprägt. Das Domizil galt in dieser Zeit als eine wunderbare Symbiose zwischen Wohnen und Erholen. Der Amalienpark ist auch für seine Skulpturen bekannt. Hier befinden sich Kunstwerke der Moderne, z. B: „ Maske der Medea“ (Amalienpark 8) von Christine Dewerny (1996) und „Sitzendes Liebespaar (direkt am Zugang) von Carin Kreuzberg (1976).

Wir gehen zurück zur Breiten Straße und halten uns rechts. Nach wenigen Schritten

befinden wir uns an der Ossietzkystraße. Die ehemalige Dorfstraße nach Niederschönhausen (um 1791- Ende des 19. Jh), später Schloßstraße (Ende des 19. Jh.-1948), wurde nach Carl von Ossietzky (1889-1938) benannt. Der Publizist erhielt 1936 den Friedensnobelpreis. Aufgrund seiner Mitarbeit als Herausgeber der Zeitschrift „Weltbühne“ und zahlreicher regimekritischer Artikel gegen die NS-Diktatur wurde er verhaftet und verstarb 1938 an den Spätfolgen seiner Internierung in verschiedenen Konzentrationslagern. Hier, in Höhe der Einmündung der Ossietzkystr. in die Breite Straße, befindet sich der Dorfanger. Er hat sich in den letzten Jahrhunderten deutlich verändert. Aus einem Dorf wurde ein Villenvorort, Industrie siedelte sich an, und die Einwohnerzahl nahm deutlich zu. Von der ursprünglichen Bebauung ist nur noch die in der Breiten Straße befindliche Dorfkirche erhalten. Sie ist das älteste Baudenkmal in Pankow.

Eine erste Erwähnung fand dieser Platz durch einen Vorgängerbau der Zisterziensermönche um 1230. Auf dessen Granitsteinresten soll dann um 1500 der rechteckige Feldsteinbau errichtet worden sein. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde durch eine Erneuerung (1832 unter Mitwirkung von Schinkel und Redtel) und dem Anbau einer dreischiffigen neugotischen Halle (rote Ziegelbauweise, 1857-1859, Stüler), die Kapazität bzw. das Aussehen grundlegend verändert. Besonders auffallend waren die prächtigen Fenster der Kirche. Die Darstellung der vier Evangelisten aus dem Neuen Testament Matthias, Markus, Lukas und Johannes gab der Dorfkirche 1859 den Namen „Kirche zu den 4 Evangelisten“. Im Krieg zerstört, wurden die Fenster durch eine modernere Fassung ersetzt. Neben Gottesdiensten und Andachten werden dort auch zahlreiche Veranstaltungen, z.B. Konzerte, Lesungen und Diskussionsrunden, durchgeführt. Dreimal in der Woche findet in unmittelbarer Nähe der Pankower Wochenmarkt (seit 1857) statt, der ein reges Leben rund um die Kirche garantiert.

Folgen wir der Straße, so kommen wir an ihrem Ende zu einem 12,2 ha großen Park, der seit 1907 Bürgerpark heißt. 1856 erwarb der Begründer der Berliner Börsenzeitung, Hermann Killisch von Horn, das Gelände an der Panke und vergrößerte es 1863/64. Hier errichtete er einen Landsitz und ließ einen Park nach englischem Vorbild anlegen. Sehenswert ist das dreiteilige Eingangsportal (1865, Form eines italienischen Triumphbogens). Bis 1907 in Familienbesitz, erwarb es die Gemeinde Pankow für 1,45 Mio. Mark. Bürgermeister Wilhelm Kuhr (1865-1914) setzte sich für die Öffnung des Parks ein. Die Bepflanzung weist neben der üblichen Flora, wie Eichen, Buchen, Ahorn, auch einige Naturdenkmäler auf. Zu ihnen gehören eine 100-jährige Sumpfzypresse, eine amerikanische Roteiche und eine Rotbuche. Der Rosengarten mit Pergola als eine weitere Attraktion bietet nicht nur die Möglichkeit zum Verweilen, sondern ist auch Ort von hier stattfindenden Konzerten.

Auf dem Rückweg zum S- und U-Bahnhof Pankow kommen wir an der Breiten Strasse 24A-26, am Rathaus mit Sitz der Bezirksverordneten-Versammlung (BVV), vorbei. 1901-1903 erbaut, wurde es zum repräsentativen Mittelpunkt des aufstrebenden Ortes. Roter Klinkerstein, roter Sandstein und schlesischer Granit waren die wichtigsten Baumaterialien für diesen dreigeschossigen Verblendbau. Im Innern beeindrucken die mit Stuckornamenten verzierte Eingangshalle, Lampen in Jugendstilform, sowie eine doppelläufige Treppe. Die Holztäfelung sowie die verschiedenen architektonischen Feinheiten des Rathaussaales (Turmuhr, Balustraden etc.) unterstützen und heben den Reiz dieses Gebäudes hervor.

Die Breite Strasse führt über die Berliner Strasse zurück zum Ausgangspunkt dieser Tour, dem S- und U-Bahnhof Pankow.

Diese Tour wurde von Lutz Wenzel und Diana Schmied erarbeitet, die Fotos sind von Lutz Wenzel.

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