Wasser ist Leben,

Ingo Knechtel

ging mir durch den Kopf, als ich vor ein paar Tagen das Wahllokal im Grünen Haus betrat, um – entgegen den Aufforderungen meiner gewählten Regierenden – meine Stimme für eine Offenlegung der Privatisierungsverträge bei den Berliner Wasserbetrieben in die Waagschale zu werfen. Ich hatte gähnende Wahlhelfer und eine ebensolche Leere erwartet, traf aber auf ein reges Abstimmungs-Leben. Da kam Optimismus auf, Politikverdrossenheit sieht anders aus. In der Berliner Zeitung hatte ich gelesen, Bürger und Politiker fühlten sich gleichermaßen machtlos in diesem Land. Zwischen 65 und 88 % der befragten Parlamentarier meinten, sie könnten keine gesellschaftlichen Veränderungen herbeiführen. Die Materie sei zu komplex, die Gesetze seien zu schwierig, und da gebe es ja noch die Fraktionsdisziplin … Als die Ergebnisse der Volksbefragung veröffentlicht wurden, war die Freude groß. Enorme 666.235 Ja-Stimmen gab es; immerhin votierten 2006 für beide Regierungsparteien SPD und Linke zusammen „nur“ 609.239 Bürger. Da wurde mir plötzlich klar – auch hier wird Geschichte geschrieben. Viele Bürger wissen sehr genau, was für Berlin richtig und wichtig ist. Und sie finden Wege, ihre Rechte auch ohne Parteienunterstützung durchzusetzen. Das war also erst ein Auftakt. Mit gut gemeinten Vorschlägen für so genannte Bürgerhaushalte in einigen Bezirken können ein paar kleine Projekte umgesetzt werden, sicher, wichtige Entscheidungen aber fallen anderswo. Wenn sich allein die 245.000 registrierten Arbeitslosen in Berlin und alle anderen davon Betroffenen zusammen tun, könnten sehr sinnvolle Gesetzesänderungen erzwungen werden. Und auch die Verantwortung des Staates für die Kultur ließe sich z.B. mit eindeutigen Verpflichtungen festschreiben. Soziale Netzwerke, runde Tische, Initiativen von unten sind gefragt und führen vor Augen: Einigkeit macht stark. Volksentscheide müssen deshalb auch auf Bundesebene durchgesetzt werden, schließlich geht ja alle Macht vom Volke aus, und das sind doch schließlich wir alle.

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