Erinnerungen an Eva Badel 27.11.1928 – 16.12.2018

Die Mitglieder der Interessengruppe Geschichtsfreunde Karlshorst im Kulturring in Berlin e.V. trauern um Eva Badel. Sie starb am 16. Dezember 2018, kurz nach Vollendung ihres 90. Lebensjahres.

Reinickendorf war der Ort ihrer Kindheit. Nach dem frühen Tod ihres Vaters zog ihre Mutter aus beruflichen Gründen mit Tochter Eva zunächst nach Westfalen und wurde dann in das von der deutschen Wehrmacht besetzte Westpreußen abgeordnet. Anfang 1945 folgte eine wochenlange Flüchtlingsreise durch Deutschland, bis in Thüringen ein erstes Unterkommen gefunden wurde. Mit 17 Jahren entschied sich Eva Badel dort wegen ihres Interesses für Fremdsprachen, ihrer Sprachbegabung und der Kenntnisse der englischen, französischen, italienischen Sprache, einschließlich Griechisch und Latein, für eine Dolmetscherausbildung, die sie privat finanzieren musste. Es folgte die Ausbildung und Tätigkeit als Neulehrerin für Russisch. Nach vielen Bemühungen gelang ihr die Arbeitsaufnahme als Dolmetscherin in den Keramischen Werken Hermsdorf. Von dort führte sie ihr Weg als Chefdolmetscherin nach Berlin und 1955 nach Karlshorst. Engagiert und anerkannt hat sie viele Jahre als Dolmetscherin, Übersetzerin und Redakteurin für Englisch und Russisch gearbeitet, von 1986 bis 1990 als Cheflektorin beim Fremdsprachendienst Intertext. Daher konnte sie als junge „Seniorin“ nicht einfach die Hände in den Schoß legen. Bald übernahm sie die Leitung der Gruppe „Karlshorster Erzählkreis“. Persönliche Lebenserinnerungen nicht nur erzählen, sondern mit der Geschichte von Karlshorst verbinden und an die Nachfolgenden in Wort und Schrift weitergeben, wurde ihr Credo. Die verschiedenen Ausgaben der Publikation „Der Karlshorster“ und Lesungen des Erzählkreises zur Schulgeschichte, zu Oscar Gregorovius, zum Kant-Gymnasium u. a. zeugen davon.

Bereits 2005, im Gründungsjahr der Geschichtsfreunde Karlshorst im Kulturring Berlin, fand sie den Weg zu uns. Ihr Name war bekannt, und von Anfang an nahm sie wegen ihrer Lebenserfahrung, des umfänglichen Wissens zur Geschichte des Ortsteils, ihrer gründlichen historischen und biografischen Recherchen sowie ihrer hohen Sprachkultur in Wort und Schrift die „Rolle“ der Respektperson in unserem Kreis ein. Ihre Fragen und mündlichen Beiträge in der Interessengruppe zeigten ein zielgenaues und sachliches Herangehen an die Aufgaben, orientierten auf Neues und Weiterführendes. Jedes Gespräch mit ihr war ein Gewinn. Vorträge zur sowjetischen Schule in Karlshorst, zum Leben jüdischer Mitbürger, ihr Mitwirken an der Gestaltung von Ausstellungen und Präsentationen bereicherten unsere Veranstaltungsangebote.

In der Erinnerung der Geschichtsfreunde Karlshorst lebt Eva Badel weiter als ein fachkundiger, freundlicher und bescheidener Mensch. Um das Wissen über die Geschichte von Karlshorst und für ein vielfältiges kulturelles Leben hat sie sich große Verdienste erworben, die nicht vergessen werden. Wir fühlen mit ihrer Familie den schmerzlichen Verlust.

Michael Laschke
Leiter der Geschichtsfreunde Karlshorst im Kulturring in Berlin. e.V.

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