Feigenblatt: A Star Is Born

Anfangs war es eine vage Idee: die Erstellung eines informativen Blattes, das an interessierte Kundschaft händisch weitergegeben werden sollte. Was soll drauf, was nicht? Diese Entscheidung wurde flott getroffen – in erster Linie sollten Texte ihren Weg aufs Blatt finden, die mit Literatur und ihren Erzeugern zu tun hatten. Ein weites Feld mit unendlichen Möglichkeiten tat sich vor uns auf.

Andere Medienpoint-Mitarbeiter zu überzeugen, in dieser Richtung produktiv zu werden, war erstaunlicherweise einfach. Plötzlich häuften sich in der Ablage diverse Texte, die im Laufe weniger Tage zu uns gelangten. Die Anzahl der schreibwilligen Mitarbeiter überraschte uns – als hätten diese Leute nur darauf gewartet ein Forum zu finden, in dem sie mitteilen konnten, was sie für wichtig hielten.

Informationen weitergeben und gleichzeitig seine eigenen Worte darum bemühen, sie in eine geeignete Form gießen, für ihre Zusammensetzung und Komposition zu kämpfen – hier erwachte plötzlich Leidenschaft und Kampfgeist zu neuem Leben, es wurde gestritten für eine Sache, hinter der man stand. Die Hartz-IV-Lethargie konnte endlich abgeschüttelt werden. Ein unerwarteter Nebeneffekt. So wurde die wage Idee zu einem konkreten Druckerzeugnis, und unser Feigenblatt erblickte das Licht der Welt. Die Geburt verlief nicht ohne Komplikationen. Herzblut wurde vergossen, Bleistifte wurden gespitzt und zum Kampfe gezückt, Argumente wurden im eisigen Wind der Redaktion wie welke Herbstblätter in den Papierkorb verworfen. Aber auch Kompromissbereitschaft wurde gezeigt, verschiedene Kröten wurden geschluckt und manche fremde Ansichten am Ende als richtig anerkannt. Das Lernen kennt nun mal kein Alter – ein weiterer, unerwarteter Nebeneffekt.

Die März-Ausgabe liegt griffbereit in verschiedenen Medienpoints aus. Weitere Ausgaben werden folgen. Jeden Monat ein neues Feigeblatt. Trotz Kosten kostenlos. (il)

 

Es ist ja schon eine schöne Arbeit, sich um die zahlreichen Bücher im Medienpoint zu kümmern, doch um den Hartz-IV-Frust zu überwinden, reicht’s nicht aus. Bücher stempeln, sortieren, Kunden beraten. In Gesprächen mit Kunden wächst die Begeisterung für Bücher. Dabei entwickelte sich das Bedürfnis, Inspirationen weiter zu reichen, zu teilen, unsere Liebe zu Büchern zu vertiefen. Wer liest wen und kennt was aus dem Buchangebot des Medienpoints und darüber hinaus? Das Feigenblatt bietet die Gelegenheit, gute Bücher und Autoren vorzustellen. Mitarbeiter der verschiedenen Medienpoints gestalten gemeinsam die neue, kleine Zeitung. Wer schreiben kann, schreibt. Wer zeichnen kann, kann zeichnen. Wer ein originelles Foto schießt, kann es einreichen. Das Feigenblatt ist ein guter Rahmen für alle brach liegenden Talente, ohne dass sie Angst haben müssen vor einer Blamage. „Es gibt kein größeres Verbrechen als die Verschwendung/Vergeudung eines Talents.“ Eingangs erwähnter Hartz-IV-Frust lässt Talente verkümmern. Die Zusammenarbeit am Feigenblatt macht Spaß dagegen. Es gibt noch viel zu erzählen. Natürlich stellen wir auch Kinderbücher vor, Donnerstags lesen wir in einem benachbarten Schülerladen. Später kommen vielleicht auch die Kids mal zu Wort im Feigenblatt. Unsere Stammkunden sollen gewürdigt werden. Vor allem wollen wir begeistern. Paradiese liegen zwischen Buchdeckeln, es lohnt sich, diese zu entdecken. Das Feigenblatt soll neugierig machen auf einen Blick dahinter und darüber hinaus. Wir werden schreiben. (hk)

 

Am Ende nun das, was eigentlich am Anfang zu erklären wir gewohnt sind: Der Titel. Wieso eigentlich „Feigenblatt“? Hinter was soll sich hier schamhaft versteckt, was soll hier durchschaubar verdeckt, von was möglicherweise abgelenkt werden? Es darf sich entspannt zurücklehnen, wer Verbotenes argwöhnte. Im Gegenteil bezeichnet der Titel eher die bescheidene Offensive gegen die Voreingenommenheit als einen Präventivschlag unterhalb der Gürtellinie. Nämlich den assoziierten Sündenfall im Garten Eden der sattsam bekannten Vorurteile: Nicht die richtigen Leute, nicht der richtige Rahmen, nicht der richtige Ort, nichts richtig Richtiges. Innovationsfallen, die gerne gestellt werden und die es zu entschärfen gilt. Die Fährte ist gelegt, die Spurensuche geht weiter. Freuen wir uns auf das, was dabei noch alles zum Vorschein kommt. (Aninka Ebert)

Archiv