25 Jahre Science-Fiction Club ANDYMON

Ralf Neukirchen

Wer hätte das gedacht, dass das Abenteuer „wissenschaftlich-phantastische Literatur“, in das sich am Mittwoch, dem 6. Februar 1985, zehn wagemutige junge Leute (unter wohlwollender „Beobachtung“ von zwei Gästen) stürzten, nunmehr über 25 Jahre währt. An jenem Tag wurde in der Archenhold-Sternwarte der „Arbeitskreis für wissenschaftlich-phantastische Literatur“ gegründet. Von den damaligen Gründungsmitgliedern ist heute noch Hardy Kettlitz als unermüdlicher Motor des Clublebens dabei, und als „wohlwollenden Gast“ möchte ich unbedingt unsere Charlotte Friedmann vom damaligen Ortsverband des Kulturbundes nennen, ohne die es wohl nie zur Gründung unseres Clubs gekommen wäre. Die ersten öffentlichen Veranstaltungen ließen noch die Wurzeln und die starke Verbindung mit der Archenhold-Sternwarte erkennen. So gestaltete man im Mai 1985 aus Anlass der „Tage der Freundschaft und Kultur mit der UdSSR in der DDR“ eine Ausstellung mit Raumschiffmodellen, Büchern, Briefmarken und Gemälden. Nach und nach gelang es, Autoren und Lektoren für den Klub zu gewinnen. Der erste Gast war wohl Michael Szameit, der im September 1986 zu einer Lesung in Berlin war. Das wichtigste Ereignis dieses Jahres war aber die Namensgebung: Nach einer intensiven internen Diskussion entschieden sich die Mitglieder mehrheitlich für „ANDYMON“, den Titel des SF-Romans des Schriftstellerehepaares Angela und Karlheinz Steinmüller aus dem Jahr 1982. Beide sind nach wie vor oft im Club zu Gast. Zu unserem 25-jährigem Jubiläum schnitten sie die Geburtstagstorte an.

Die Aktivitäten in den folgenden Jahren gingen, wie es im Leben so ist - bergauf und bergab. Aber zu keiner Zeit dachten wir daran aufzugeben. Während es anfangs noch fast alle zwei Jahre eine größere Veranstaltung (Tage der phantastischen Kunst, Tag der Phantasie) gab, sind wir später etwas kürzer getreten. Dabei ließ uns, d.h. unsere einzelnen Mitglieder, das ganze Spektrum der SF nicht ruhen. So waren einige Clubmitglieder an der Gründung eines Verlages (Shayol) beteiligt, gaben ein eigenes SF-Magazin heraus (Alien Contact), das zuerst im Druck und später als Online-Magazin im Internet erschien. Dass man sich mit der SF-Literatur auch auf hohem Niveau beschäftigen kann, denn sie geht über das in Film und Fernsehen meist zu Sehende weit hinaus, zeigen (um nur einige Beispiele zu nennen) die allumfassende und abschließende Bibliographie zur SF in der DDR von Hans-Peter Neumann und die Betrachtungen zu sozialistischen Utopien „Rote Blaupausen“ von Wolfgang Both (beide Bücher bei Shayol). Bei allem kommt auch unser Clubleben nicht zu kurz: Von den Sommer-Garten-Feten über die traditionelle Weihnachtsfeier bis hin zu gemeinsamen Ausflügen nach Peenemünde oder nach Gotha zum Kurd-Lasswitz-Archiv reicht da die Spanne.

Höhepunkte stellen natürlich unsere großen Veranstaltungen dar. Fast zu unseren Wurzeln zurück führt uns in diesem Jahr der ANDYCON am 24. und 25. April im Zeiss-Großplanetarium am Berliner Prenzlauer Berg. Denn die Verbindung von Wissenschaft und Science Fiction lag uns immer am Herzen, auch wenn es per SF mit riesigen Raumschiffen in fernste Galaxien geht oder heute physikalisch Undenkbares möglich gemacht wird. So freuen wir uns besonders, dass Prof. Dr. Dieter B. Herrmann über den weltgrößten Teilchenbeschleuniger LHC im CERN berichtet, wo über den Ursprung unseres Universums geforscht wird, und Prof. Dr. Tilman Spohn, Leiter des Instituts für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, uns Auskunft über den aktuellen Stand der Planetenforschung und die Entdeckungen von extrasolaren Planeten in den letzten Jahren gibt. Selbstverständlich haben wir auch einen Stargast aus der SF-Szene. Dies ist der junge russische Autor Dmitry Glukhovsky. Seine postapokalyptischen Romane Metro 2033 und Metro 2034 erschienen beim Heyne-Verlag und sind dort Bestseller. Der 1979 geborene Autor ist eine hochinteressante Persönlichkeit: Er studierte Journalismus und Internationale Beziehungen an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Als Journalist arbeitet er für den Fernsehsender Russia Today und berichtete aus vielen Gebieten der Welt, aber auch nach dem Tod des ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic live aus Den Haag. Besonders freuen wir uns auch, dass es uns kurzfristig gelungen ist, den Filmdirigenten Frank Strobel für unseren Con zu begeistern. Frank Strobel hat bei der Welturaufführung der rekonstruierten Fassung von Metropolis im Februar 2010 im Friedrichstadtpalast zur Berlinale das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin dirigiert. Darüber hinaus war er aber vor allem maßgeblich an der Rekonstruktion des Filmklassikers beteiligt. Zum ANDYCON berichtet er von seiner Arbeit und lüftet einige Geheimnisse von Metro-polis.

Neben diesen hochinteressanten Vorträgen kann Jedermann sich über eine große Bandbreite der SF informieren. Karlheinz Steinmüller trägt über fernste Zukunft in SF-Literatur und Zukunftsforschung vor, Erik Simon über die neue Werkausgabe der Brüder Strugatzki, die derzeit beim Heyne-Verlag erscheint. Darüber hinaus gibt es das Hörspiel unter dem Planetariumshimmel, Lesungen und sogar ein Live-Hörspiel. So sollte jeder an Wissenschaft, SF-Literatur und phantastischem Hörspiel Interessierte etwas finden und ein erlebnisreiches Wochenende gesichert sein.

Infos über: Kulturring Süd, Kulturbund Treptow, Ernststr. 14/16, 12437 Berlin, Tel. 53696534

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