„3 Freunde“ zur Schneeschmelze

Henning Hamann

Schneeflocken tobten am 11. Februar über Tempelhof, und die Kunigundenstraße war mit einem dicken Schneeteppich überzogen. Tapfer kämpften sich an die 30 "musikbegeisterte Leseratten" durch die Dunkelheit zum Veranstaltungsort MedienPoint Tempelhof. Empfangen von einem Windlichtspalier, wurden die Besucher in das zum „Clubraum“ umdekorierte Bibliothekszimmer geleitet. Die kleine Bühne mit indirekter gemütlicher Beleuchtung samt Bestuhlung legte die Grundlage für einen akustischen Leckerbissen.

Der ließ auch nicht lange auf sich warten. Kurz nach 19 Uhr, nach kurzer Begrüßung durch die MedienPoint-Projektleiterin Aninka Ebert, kamen die drei Protagonisten des Abends: Klewitz, Ó Caerr und Grobba, kurzum "3 Freunde", so der Bandname, die gleich mit einem flotten Mundharmonika-Solo etwaige Feierabendmüdigkeit vertrieben. Danach legte Gitarrist Andreas von Klewitz, Slavist, Historiker und Enkel Martin Niemöllers, mit seiner Lesung aus der aktuellen Berlin-Sammlung „War Jewesen - West Berlin 1961-1989“ los. Mit Witz, Charme und viel Ironie überzeugte er das Auditorium u.a. von den kindlichen Schwierigkeiten bei einem Umzug von Dänemark nach West-Berlin.

Eingebettet waren die Klewitz-Kapitel in musikalische Ausflüge in die irische Folkmusik, garniert mit Sixties-Klassikern wie dem von John Sebastian komponierten Lovin' Spoonful Kult-Hit „Daydream“ und dem Kinks-Dauerbrenner „Sunny Afternoon“ in einer Version, der den Kinks-Hitschreibern Ray & Dave Davis die Zornesröte ins Gesicht getrieben hätte - vor Neid.

"3 Freunde"-Leadsänger John Ó Caerr hatte mit seiner dezent rauchigen Stimme, Marke Irish Single-Malt-Whiskey, jederzeit das faszinierte Publikum im Griff. Auch sein Outfit im traditionellen Kilt unterstrich seine Leader-Rolle im Trio, ohne dass Selbiges penetrant wirkte. Detlef Grobba im Country-Outfit und immer mit einer seiner 31 Mundharmonikas bewaffnet sowie Gentleman Andreas von Klewitz im Anzug, die Gitarre bearbeitend, rundeten das Bühnenbild ab.

Das Erfolgsgeheimnis der drei jenseits der Dreißig ist im blinden Ergänzen zu finden, einer open-end Jam-Session dreier Virtuosen mit grenzenloser Spielfreude, die um 22 Uhr ein jähes Ende fand und die inzwischen zu wahren Fans mutierte Zuhörerschaft erstaunt ausrufen ließ: "Was denn, schon 22 Uhr?" - drei Stunden waren wie im Flug vergangen.

Archiv